Rehe, Hirsche und Wildschweine auf der Straße sind eine nicht zu unterschätzende Unfallgefahr – vor allem jetzt im Herbst und Winter, wenn es früh dunkel wird. Wie können Fahrerinnen und Fahrer Zusammenstöße vermeiden? Wie sollten sie sich im Ernstfall am Steuer und nach dem Unfall verhalten?
Mit dem Auto auf dem Weg von der Arbeit, eine kurze Strecke durch dunklen Wald, die Sicht ist schlecht, plötzlich – wie aus dem Nichts – tauchen zwei leuchtende Augen auf: ein Hirsch rennt über die Fahrbahn. Diese Schrecksekunde kann jeden treffen, und dass man sie erlebt, ist gar nicht mal so unwahrscheinlich. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2021 rund 2.700 Verunglückte bei rund 2.300 Wildunfällen. Die Fallwildzahlen liegen allerdings noch viel höher: Der Deutsche Jagdverband berichtet in seiner Wildunfallstatistik 2020/2021 von rund 226.000 Tieren, die nicht bei der Jagd, sondern überwiegend durch den Straßenverkehr getötet wurden.
Gefahr in der Morgen- und Abenddämmerung
Rehe, Hirsche, Wildschweine und andere Wildtiere sind bei Dämmerung und Dunkelheit besonders aktiv. Außerdem sind sie aufgrund ihrer Tarnfarbe schlecht zu erkennen. In waldreichen Gebieten und in Übergangsbereichen zwischen Wald und Feld ist die Gefahr am Größten, dass man ihnen begegnet. An Land- und Bundesstraßen stehen dort meist Verkehrsschilder, die vor Wildwechsel warnen. Ein Zusammenstoß kann für Tier und Mensch fatal enden. Dabei darf die Wucht des Aufpralls nicht unterschätzt werden. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) weist darauf hin, dass zum Beispiel ein ausgewachsenes Wildschwein von 80 Kilogramm bei einem Zusammenstoß mit einem 50 km/h schnellen Auto ein Aufschlaggewicht von zwei Tonnen besitzt – was in etwa der Masse eines Nashorns entspricht.
Wildunfälle vermeiden
Durch vorausschauendes, konzentriertes Fahren können Verkehrsteilnehmer viel tun, um Wildunfälle zu vermeiden. Der DVR gibt folgende Tipps:
- Runter vom Gas in Gebieten, die mit Wildwechsel-Schildern gekennzeichnet sind und generell in der Nähe von Wäldern und Feldern.
- Die Geschwindigkeit an die Straßenverhältnisse anpassen. Beachten, dass feuchtes Laub, Schneematsch und Blitzeis auf der Straße den Bremsweg verlängern.
- Jederzeit bremsbereit sein. Wer beispielsweise mit Tempo 60 statt 80 fährt, verkürzt den Anhalteweg um über 30 Meter, aber auch nur dann, wenn die Straßenverhältnisse optimal sind. Bei herbstlichen oder winterlichen Straßenverhältnissen vergrößert sich dieser Wert sogar noch deutlich.
- Die Fahrbahnränder genau beobachten.
- Quert ein Wildtier die Straße: bremsen, ohne den nachfolgenden Verkehr zu gefährden, hupen und abblenden. So kann das Tier womöglich noch einen Fluchtweg finden.
- Darauf achten, ob noch weiteres Wild folgt, was häufig der Fall ist.
Kollision unvermeidbar? Das ist zu tun!
Ist eine Kollision trotz Vollbremsung nicht mehr zu vermeiden, lautet die oberste Regel: nicht ausweichen! Dieser Rat mag auf den ersten Blick unbarmherzig klingen, jedoch sind gerade Ausweichmanöver häufig sehr riskant. Schnell kann das Auto auf einen Baum prallen oder der Fahrer oder die Fahrerin stößt mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammen. Diese Folgen sind in der Regel schwerwiegender als der Zusammenstoß mit einem Wildtier.
Nach dem Unfall richtig handeln
Nach dem Zusammenstoß sollten Betroffene sofort anhalten – am besten am Fahrbahnrand –, das Warnblinklicht einschalten und die Warnweste anziehen. Die Unfallstelle muss mit dem Warndreieck abgesichert werden. Bei Bedarf kann es erforderlich sein, verletzten Personen Erste Hilfe zu leisten und den Notruf zu wählen. Jeder Wildunfall sollte der Polizei gemeldet werden, auch wenn kein Schaden am Fahrzeug entstanden ist. In den meisten Bundesländern ist dies sogar Pflicht, es sei denn es handelt sich um kleine Tiere wie zum Beispiel ein Wildkaninchen. So kann angefahrenes und verletztes Wild durch den Förster aufgespürt und schließlich behandelt werden, was ihm viel Leid erspart. Wichtig zu wissen: Angefahrene Tiere jedoch auf keinen Fall anfassen! Hierbei besteht die Gefahr, dass sich das Tier aufbäumt und man zum Beispiel vom Geweih oder den Hufen verletzt wird. Zur Schadensregulierung benötigen die Versicherer in der Regel eine so genannte Wildunfallbescheinigung, die von der Polizei oder vom zuständigen Jagdpächter ausgestellt wird.