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Mit Interview

Arbeitsschutz – ein Menschenrecht

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Die Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) hat die zweiteilige Broschüre „Vision Zero im Handel und in der Warenlogistik“ veröffentlicht, um Unternehmen weltweit für ihre Sorgfaltspflichten zu sensibilisieren.
  • Andere Länder machen ähnliche Erfahrungen wie Deutschland. Straßenverkehr und Abstürze sind ein Riesenthema, besonders bei tödlichen Unfällen.
  • Die Prävention im Arbeitsschutz wird von der Vision Zero angetrieben: Die Arbeitsbedingungen so sicher zu gestalten, dass die Menschen immer gesund bleiben, selbst wenn sie mal einen Fehler machen.
  • Interview mit Dr. Klaus Schäfer, Präventionsleiter der BGHW und technischer Sekretär der IVSS Sektion Handel.

Weltweit und überall unfallfrei, sicher und gesund arbeiten – diese Vision treibt die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) an. Warum dabei die zweiteilige Broschüre „Vision Zero im Handel and in der Warenlogistik“ eine wichtige Rolle spielt, erzählt Dr. Klaus Schäfer. Der Präventionsleiter der BGHW ist einer der beiden Autoren.

Dr. Klaus Schäfer und Sigrid Roth
Dr. Klaus Schäfer, Präventionsleiter der BGHW, mit Sigrid Roth, die die Geschäftsstelle der IVSS Sektion Handel bei der BGHW in Mannheim leitet.

Herr Dr. Schäfer, warum publiziert die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) die Broschüre „Vision Zero im Handel und in der Warenlogistik“?

Wir wollen das Branchenwissen der BGHW über den Handel und die Warenlogistik international kommunizieren und zur Verfügung stellen. Das ist ein erster Schritt, um Unternehmen weltweit für ihre Sorgfaltspflichten zu sensibilisieren. Der Handel ist die Weltbranche schlechthin, die IVSS hatte aber seltsamerweise bis 2019 keine eigenständige Sektion Handel. Als Unterorganisation der International Labor Organisation kümmert sich die IVSS um soziale Sicherungssysteme weltweit. Dazu gehören auch die Unfallversicherung und der Arbeitsschutz.

In der Broschüre werden Unfallstatistiken aus Deutschland dargestellt und hieraus Präventionsmaßnahmen abgeleitet. Sind sie exemplarisch für die gesamte Branche weltweit?

Ich war in letzten Jahren auf einigen internationalen Konferenzen, um unsere Ergebnisse vorzustellen, und habe registriert: Andere Länder machen ähnliche Erfahrungen. Straßenverkehr und Abstürze sind ein Riesenthema, besonders bei tödlichen Unfällen. Warum sollte es in Italien oder Ländern außerhalb Europas anders sein als bei uns? Vielleicht in Nuancen. Aber die Gefahrenquellen und die Arbeitsweisen sind ähnlich und die Unfälle auch. Wir wollen daher unser Wissen teilen und eine Diskussion anregen, um gemeinsam Gefahren zu erkennen, damit man sie zukünftig vermeidet.

An wen richtet sich die Broschüre?

Ganz klar an Unternehmerinnen und Unternehmer sowie an Menschen, die in ihren Ländern den Arbeitsschutz mitorganisieren oder verantwortlich sind für die Unfallversicherungen. Aber auch an staatliche und nichtstaatliche Organisationen, deren Ziel es ist, Arbeitsunfälle zu verhindern und ein Bewusstsein für den Arbeitsschutz zu schaffen. Mithilfe der Broschüre kommen wir auf internationalen Veranstaltungen in Kontakt und sprechen darüber, ob es anderswo ähnliche Ergebnisse und Erfahrungen gibt. So lernen wir voneinander und können unser Wissen mit Zahlen und Daten aus anderen Kontinenten abgleichen.

Arbeitsschutz ist nicht nur nachhaltig, sondern auch ein Menschenrecht. Denn jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit, besonders bei der Arbeit.

Dr. Klaus Schäfer, Präventionsleiter der BGHW

Setzen sich Unternehmen auf dem asiatischen Markt wirklich ernsthaft mit dem Thema Arbeitsschutz auseinander?    

Wir können anderen Ländern nicht vorschreiben, was sie machen sollen. Das ist auch nicht unsere Absicht. Letzten Endes können wir auf internationalen Veranstaltungen nur sagen: Wir haben folgendes Problem bei uns lokalisiert und das gehen wir so an. Was die Länder dann daraus machen, wissen wir nicht. Aber das Interesse am Arbeitsschutz ist in Asien groß, Indien ist beispielsweise sehr umtriebig. Wir haben jetzt eine Einladung nach Hongkong erhalten, um über unsere Unfallstatistik und Präventionsmaßnahmen zu berichten. Wir merken also schon Auswirkungen. Manche Länder erkennen die Wettbewerbsnachteile, wenn sie sich nicht um Arbeitsschutz und faire Lieferketten kümmern. Andere wiederum nicht. 

Faire Lieferketten, sichere und gesunde Arbeitsplätze gehören laut Agenda 2035 zu den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung. Macht das den Unternehmen nochmals deutlich, wie wichtig Arbeitsschutz ist?

Arbeitsschutz ist nicht nur nachhaltig, sondern auch ein Menschenrecht. Denn jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit, besonders bei der Arbeit. Demnach ist die gesunde und sichere Gestaltung von Arbeitsplätzen ein Menschenrecht. Ich muss sie so gestalten, dass die Person, die morgens kommt, abends gesund nach Hause geht. Wenn ein Unternehmen das schafft, dann ist es in seiner Wertschöpfungskette bereits nachhaltig. Das gilt besonders für Deutschland, wo wir zu wenig Arbeitskräfte haben. Ein Unternehmen muss sich das verordnen und darauf schauen, dass seine Beschäftigten gesund bleiben, damit die Prozesse weiterlaufen können, um nachhaltig zu produzieren und nachhaltige Produkte zu verkaufen.

Dennoch bleibt die Prävention im Arbeitsschutz eine Herausforderung. Warum eigentlich?

Die Krux in der Prävention ist, Unternehmen, bei denen in den vergangenen Jahren kein schwerer oder tödlicher Arbeitsunfall passiert ist, klar zu machen, was sie tun sollen, damit auch in Zukunft nichts passiert. Das ist und bleibt für den Arbeitsschutz ein ständiges Bohren von dicken Brettern. Und dabei treibt uns die Vision Zero ständig an: Die Arbeitsbedingungen so sicher zu gestalten, dass die Menschen immer gesund bleiben, selbst wenn sie mal einen Fehler machen, ob am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin.  

Vision Zero im Handel und in der Waren­logistik

Die zweiteilige Broschüre "Vision Zero im Handel und in der Warenlogistik" richtet sich an Unternehmer und Unternehmerinnen weltweit und sollen dazu beitragen, tödliche und schwere Arbeits- und Wegeunfälle zu vermeiden.
• Im ersten Teil werden die Ursachen von tödlichen und schweren Arbeits- und Wegeunfällen ausführlich analysiert.
• Im zweiten Teil geben die Autoren praktische Handlungshilfen, welche Präventionsmaßnahmen ergriffen werden sollten.
Die Broschüren zum Download Teil 1 und Teil 2.

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