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Aus Liebe … nachhaltig

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Das Wichtigste im Überblick

  • Der Vitacube, das neue Hochregallager des Bremer Heimtierfutterhändlers Vitakraft, wird mit einer Brennstoffzelle betrieben. Sie versorgt das Lager mit sauerstoffarmer Luft. Somit kann im Lager kein Feuer mehr entstehen.
  • Nur noch in Ausnahmefällen bewegen sich Mitarbeitende im Vitacube. Arbeitsunfälle von Beschäftigten werden vermieden, weil die Produkte vollautomatisch aus den Regalen entnommen und auf autonom fahrende Shuttles platziert werden.
  • Die Brennstoffzelle produziert so viel Strom und Wärme, dass das Hochregallager fast au­tark ist von regionalen Energieversorgern. Die Abwärme reicht aus, um mehrere Büro- und Produktionskomplexe auf dem Gelände mit Raumtemperatur zu beheizen.
  • Auf die CO2-Bilanz des Unternehmens hat sich der Bau des Hochregallagers positiv ausgewirkt. Durch den Vitacube wurden fünf Außenlager und damit der interne Werksverkehr überflüssig. Das spart 12.000 Liter Diesel jährlich und damit 31,2 Tonnen CO2 ein. 
  • Zum Download: der Nachhaltigkeitsbericht von Vitakraft

Der Bremer Heimtierfutterhändler Vitakraft legt großen Wert auf eine Produktion, die innovativ und nachhaltig ist, um die Beschäftigten langfristig zu binden und zu schützen. Aktuelles Beispiel: der Vitacube, das neue Hochregallager, das mit einer Brennstoffzelle betrieben wird. 

Hund, Katze, Hamster, Vogel, Fisch mögen die Produkte von Vitakraft. Das liegt womöglich daran, dass das Unternehmen für Heimtiernahrung seit 1837 seinen Sitz in der Stadt der „Bremer Stadtmusikanten“ hat. Entwickelt, eingelagert, konfektioniert und ausgeliefert werden Hauptfutter und Snacks für Heimtiere in Achim, an der Grenze zur Hansestadt. Auf dem Werksgelände steht der Vitacube, das neue 37 Meter hohe Hochregallager, das die Werkshallen und Bürotürme mit dem Markenclaim „Aus Liebe“ neben der A1 sichtbar überragt. Es ist seit 2022 in Betrieb und bietet auf 4.000 Quadratmetern Platz für 44.000 Paletten. Allein die schiere Größe des Lagers ist schon enorm. Aber einzigartig ist vor allem die kleine Anlage direkt daneben: eine Brennstoffzellenanlage. Sie versorgt das Hochregallager sowie einen Großteil der Gebäude auf dem Gelände mit Strom und Wärme.

Größer, schneller, digitaler

Vor acht Jahren beschäftigte sich die Geschäftsführung erstmals mit der Idee, ein neues Lager zu bauen. „Der treibende Faktor war unsere positive Umsatzentwicklung. Wir brauchten einfach ein neues Lager, um schneller zu werden“, sagt Heinz Gardewin, Co-CEO von Vitakraft. Es musste also alles größer und digitaler werden, um täglich 1,2 Millionen Produkte weltweit zu versenden. Und alles musste sicherer werden – zum Beispiel um die Produkte in dem riesigen Lager vor Brand zu schützen. Aber wie?

Atmosphäre wie auf der Zugspitze

In den meisten Lagerhallen sorgt dafür eine Sprinkleranlage. Sie versprüht Wasser, um zu verhindern, dass sich ein Brand ausbreitet. „In unserer neuen Lagerhalle hätten wir die Sprinkler in fast 40 Meter Höhe installieren müssen. Das wäre mit einem sehr hohen Wartungsaufwand verbunden gewesen. Alle 20 Jahre hätten wir das Lager komplett ausräumen müssen, um die verrosteten und verkalkten Sprinklerköpfe und Leitungen zu ersetzen“, erzählt Technik-Leiter Dennis Schewa. Ein weiterer Nachteil: Wasserschäden, die beim Einsatz von Sprinkleranlagen entstehen könnten. Die eingelagerten Produkte wären anschließend unbrauchbar. Und so kam die Brennstoffzellenanlage ins Spiel. Sie wird mit Erdgas betrieben und produziert neben Strom und Wärme auch sauerstoffarme Luft, die in das Hochregallager gepumpt wird! Der Effekt: Im Hochregallager herrscht eine Luftatmosphäre wie auf der Zugspitze – die Luft hat nur noch einen Sauerstoffgehalt von 14 Prozent statt normalerweise von 21 Prozent. In dieser sauerstoffarmen Umgebung kann kein Feuer mehr brennen. Der ideale Brandschutz für das Hochregallager. Einziger Nachteil: Niemand darf in dem Lager länger als zwei Stunden arbeiten, weil sonst Übelkeit, Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten könnten. Der Zugang ist deswegen strikt reglementiert.

 

Shuttle statt Gabelstapler

Sebastian Kruse, Leiter Supply Chain Management, im VitaCube, dem Hochregallager von Vitakraft
Sebastian Kruse, Leiter Supply Chain Management, im VitaCube, dem Hochregallager von Vitakraft

Arbeitsunfälle von Beschäftigten im Hochregallager werden vermieden, weil die Produkte durch vollautomatisch gesteuerte Senkrechtförderer aus den Regalen entnommen und auf autonom fahrende Shuttles platziert werden. Insgesamt sind im Hochregallager 25 Shuttles unterwegs. Sie bringen die Produkte mit einer Geschwindigkeit von 2 Metern pro Sekunde über ein Schienennetz zur Kommissionierung. Dort werden die Waren versandfertig gemacht, um sie an die weltweiten Handelspartner von Vitakraft auszuliefern. „Statt Gabelstaplern werden in der Logistik jetzt autonome Geräte eingesetzt. Das erhöht die Effizienz für das Unternehmen und die Sicherheit für die Beschäftigten“, erklärt Dr. Karin Tiemann, die den Bereich Health Safety Environment (HSE) bei Vitakraft leitet.

Der Vitacube – das neue Hochregallager

Das neue Hochregallager ist seit 2022 in Betrieb. Es ist 37 Meter hoch, 40 Meter breit und 100 Meter lang. Auf einer Grundfläche von 4.000 Quadratmetern stehen 44.000 Palettenplätze zur Verfügung. Alle Produkte, die hier eingelagert werden, tragen ein RFID-Tag, um ihre Sendungen nachzuverfolgen. Pro Stunde werden 230 Bestellungen ein- und ausgelagert. Ein Senkrechtstapler platziert die Bestellungen auf einem Shuttle, der über ein 475 Meter langes Schienennetz die Waren zur Versandabteilung transportiert.

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Ausbildung zum Höhenretter

Nur noch in Ausnahmefällen bewegen sich Mitarbeitende im sauerstoffarmen und vollautomatisierten Vitacube. Das kann eine Reparatur oder eine Störung in der Höhe sein. „Dafür steht eine spezielle Eingreiftruppe parat. Sie besteht aus Kollegen, die sich seinerzeit freiwillig für die Ausbildung zum Höhenretter gemeldet haben, weil sie Spaß daran hatten, sich fortzubilden“, sagt Sebastian Kruse, Leiter Supply Chain Management. Die Ausbildung war für Vitakraft jedoch eine neue Herausforderung. Dazu Dr. Karin Tiemann: „Wir hatten uns zuvor mit Arbeiten in der Höhe oder in einer sauerstoffarmen Atmosphäre noch nie beschäftigt. Deswegen hat es fast ein Jahr gedauert, bis die Kollegen ausgebildet und von Experten unterwiesen worden waren.“

1 Million Kilowatt Strom pro Jahr produziert

Neben der sauerstoffarmen Luft produziert die Brennstoffzelle wie ein Blockheizkraftwerk Strom und Wärme und zwar so viel, dass das Hochregallager in Achim inzwischen fast au­tark ist von regionalen Energieversorgern. Die Abwärme beispielsweise reicht aus, um mehrere Büro- und Produktionskomplexe auf dem Gelände mit Raumtemperatur zu beheizen. Strom muss nicht mehr eingekauft werden, weil die Anlage jährlich fast 1 Million Kilowatt Strom produziert. Das ist mehr, als benötigt wird. Der Überschuss wird ins öffentliche Netz gespeist.

Die Brennstoffzelle

Die Brennstoffzellenanlage neben dem Vitacube ist mit einem Blockheizkraftwerk vergleichbar: Die Brennstoffzelle wandelt zunächst Erdgas in Wasserstoff um. Dieser reagiert in der Brennstoffzelle mit Sauerstoff und erzeugt dabei Strom und Wärme. Die entstehende Abwärme wird genutzt, um die zwei Produktionshallen sowie die Büros mit Raumtemperatur zu beheizen. Gleichzeitig produziert die Anlage pro Stunde 100 Kilowatt Strom, mit dem der Vitacube versorgt wird. Ein weiterer Effekt der elek­trochemischen Reaktion: Es entsteht sauerstoffarme Luft (14 Prozent Sauerstoffgehalt), die in das Hochregallager gepumpt wird. In dieser sauerstoffarmen Atmosphäre kann kein Feuer brennen.

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12.000 Liter Diesel pro Jahr eingespart

Auch auf die CO2-Bilanz des Unternehmens hat sich der Bau des Hochregallagers positiv ausgewirkt. Durch den Vitacube wurden fünf Außenlager und damit wird der interne Werksverkehr überflüssig. Das spart 12.000 Liter Diesel jährlich und damit 31,2 Tonnen CO2 ein. Das entspricht der CO2-Menge, die laut Bundesumweltministerium drei Bundesbürger pro Jahr produzieren. Durch den Einsatz von erneuerbaren Energien hat Vitakraft insgesamt seinen CO2-Ausstoß von 2019 bis 2021 um 40 Prozent reduziert. Aktuelle Zahlen, wie viel CO2 durch den Betrieb der neuen Brennstoffzellenanlage am Standort eingespart wird, liegen noch nicht vor.

100 Prozent Papier und Pappe recyclingfähig

Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren ein integraler Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Vitakraft. Die Maßnahmen ziehen sich durch alle Bereiche – vom Einkauf, Marketing, Vertrieb über Forschung und Entwicklung bis zu Logistik, Technik und Arbeitssicherheit. Ein Beispiel: Verpackungsmaterialien wie Kunststoff, Papier und Pappe sollen nicht nur vermeiden, dass die Futter- und Lebensmittel frühzeitig verderben, sondern auch recyclingfähig sein. In den Produktionsstätten in Bremen und Niedersachsen eingesetzte Materialien aus Papier, Pappe oder festen Kunststoffen sind das schon zu 90 Prozent, bei den verwendeten Kunststofffolien sind etwa 60 Prozent recy­clingfähig. Die Entwicklungsabteilung arbeitet kontinuierlich daran, die Verpackungen so zu gestalten, dass nachhaltig Verpackungsmüll vermieden wird. Ebenso werden alle Beschäftigten am Standort angehalten, Energie einzusparen. „Das sind manchmal kleine Dinge wie beim Dienstschluss das Bürolicht auszuschalten“, erzählt Dr. Nicole Rabehl, Leiterin der Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Das Verständnis für diese nachhaltigen Maßnahmen sei bei allen Mitarbeitenden groß. Voraussetzung dafür sei eine gute und verständliche Kommunikation gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, so Rabehl.

 

48 Prozent seit 20 Jahren im Betrieb

Die Investitionen in eine nachhaltige Modernisierung und Automatisierung des Unternehmens finden eine breite Zustimmung in der Belegschaft, betont Geschäftsführer Heinz Gardewin: „Die finden das gut, weil sie merken, dass Vitakraft was macht. Unter anderem dadurch konnten wir den vergangenen Jahren rund 100 neue Mitarbeitende einstellen.“ Das belegt auch die Treue der Belegschaft zum Unternehmen. Aktuell arbeiten am Bremer Stammsitz 600 Beschäftigte, davon sind fast die Hälfte (48 Prozent) länger als 20 Jahre für Vitakraft tätig. Auch das belegt den Erfolg einer nachhaltigen Unternehmensstrategie. [sie]

Das Unternehmen Vitakraft

Heinrich Wührmann eröffnet 1837 in Heiligenrode bei Bremen eine kleine Futtermittelhandlung. Sie ist der Grundstein des heutigen Unternehmens – das mittlerweile mehrere Gesellschafter hat und managementgeführt ist. 1937 verlegt Vitakraft seinen Unternehmenssitz nach Bremen. Heute ist Vitakraft eine der führenden Marken im globalen Heimtiermarkt. Das Unternehmen ist weltweit in 25 Ländern mit Vertrieb und Produktion vertreten und exportiert seine Produkte in mehr als 50 Länder. Vitakraft hat weltweit ca. 1.100 Mitarbeitende, davon sind 600 am Standort Bremen und Umgebung beschäftigt.

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