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Mit Interview

Gesunde Füße, sicheres Arbeiten

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Der Orthopäde und Fußspezialist Dr. Matthias Manke und die Ausbildungskoordinatorin und Personalreferentin Mirjam Stelzer von der Lübecker Hafen-Gesellschaft tauschen sich über gesunde Füße und den richtigen Umgang mit Sicherheitsschuhen aus. Besonders junge Menschen haben die beiden im Blick.
  • Füße sind das Fundament unseres Körpers. Aber über Füße sprechen? Das macht kaum einer. Füße sind nicht salonfähig.
  • Fußtraining, Fußpflege und Schuhpflege – alles greift ineinander.
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Wir müssen über Füße sprechen! Denn Füße sind das Fundament unseres Körpers. Besonders Auszubildende, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, sollten über gesunde Füße und den richtigen Umgang mit Sicherheitsschuhen Bescheid wissen. Der Orthopäde Dr. Matthias Manke und die Ausbildungskoordinatorin Mirjam Stelzer von der Lübecker Hafen-Gesellschaft tauschen sich dazu aus.
 

Porträt Mirjam Stelzer, Personalreferentin und Ausbildungskoordinatorin bei der Lübecker Hafen-Gesellschaft
Mirjam Stelzer ist Personalreferentin bei der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) mit Schwerpunkt Recruiting und Ausbildungskoordination. Sie hat dort Speditionskauffrau gelernt und war selbst häufig mit Sicherheitsschuhen im Hafen unterwegs.

Mirjam Stelzer: Hallo, Herr Dr. Manke, wir bilden bei uns unter anderem fünf neue Azubis zur Fachkraft für Hafenlogistik aus. Im Hafenbereich müssen sie sehr auf ihre Füße achten und natürlich Sicherheitsschuhe tragen. Aus Ihrer Sicht als Orthopäde und Fußspezialist: Warum müssen gerade Azubis verinnerlichen, dass gesunde Füße genauso wichtig sind wie gute Sicherheitsschuhe.

Matthias Manke: Weil die Füße das Fundament unseres Körpers sind. Und wie bei einem Haus brauchen wir ein stabiles Fundament. Ansonsten gerät alles ins Wanken, und wir haben ein Problem. Aber leider schätzen wir dieses Fundament zu wenig. Wenn ich an meinen 17-jährigen Sohn denke: Hat der ein Bewusstsein für gesunde Füße? Nein! Das haben die jungen Menschen nicht. Dabei haben sie 40 bis 50 Jahre Arbeit vor sich. Füße sind nicht salonfähig. Gehen Sie mal auf eine Familienfeier. Da wird über Rücken-, Schulter- oder Kniebeschwerden gesprochen. Aber nicht über Füße.

Mirjam Stelzer: Vor dem Ausbildungsbeginn werden die Azubis beim Arzt durchgecheckt und bringen uns ein Gesundheitszeugnis. Wenn das in Ordnung ist, gehen natürlich wir auf Arbeitgeberseite und die Azubis davon aus, dass alles okay ist.

Matthias Manke: Und da fängt das Problem schon an. Zu mir kommt für dieses Gesundheitszeugnis pro Jahr höchstens ein Azubi in die Praxis. Die meisten gehen zum Hausarzt. Aber: Allgemeinmediziner legen den Fokus nicht auf den Bewegungsapparat – Füße, Knie, Hüftgelenke, Wirbelsäule. Wenn man in einen Beruf startet, der körperliche Leistung verlangt, ist es ratsam, sich den gesamten Bewegungsapparat und besonders die Füße intensiv anzuschauen.

Mirjam Stelzer: Die perfekten Füße haben wahrscheinlich die wenigsten von uns …

Sicherheitsschuhe, die nicht passen und klobig sind, hemmen unseren Bewegungsablauf.

Dr. Matthias MankeFacharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Porträt Dr. Matthias Manke, Orthopäde und Fußspezialist - der Revierdoc
Dr. Matthias Manke ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Bei Thyssen Krupp ist er als beratender Orthopäde tätig. Er betreute die Profis von Schalke 04 als Mannschaftsarzt und ist außerdem Bestsellerautor von Gesundheitsbüchern. Mehr über ihn unter revierdoc.de

Matthias Manke: Das stimmt. Aufgrund meiner Erfahrungen aus der Arztpraxis gehe ich davon aus, dass bis zu 70 Prozent der Bevölkerung Fußfehlstellungen haben. Kein Wunder. Wir packen den Fuß von klein auf in Schuhe ein. Die Muskeln der Zehen und des Längs- und Quergewölbes trainieren wir dann nicht mehr. Sie werden schwach, und der Fuß sinkt ab. Hinzukommt, dass viele Menschen kräftiger werden und dass das Gewicht die Füße noch mehr belastet. Die Fußmuskulatur zu trainieren wie beispielsweise die Armmuskulatur – darauf kommt niemand.

Mirjam Stelzer: Umso wichtiger, dass wir das Bewusstsein für gesunde Füße früh bei Auszubildenden ansprechen und bei Problemen mit Einlagen gegensteuern können.

Matthias Manke: Orthopädische Einlagen sind nur ein passives Hilfsmittel. Ich empfehle aktive Hilfsmittel, nämlich Fußtraining. Aber wenn sich ein Fuß beispielsweise abgesenkt hat, der andere steht noch normal, dann ergibt sich daraus eine unterschiedliche Beinlänge. Der Körper versucht, dagegen zu regulieren, die Gesamtstatik ist gestört, und die betroffene Person wundert sich über Kopfschmerzen. Da können Einlagen für Ausgleich sorgen.

Mirjam Stelzer: Deshalb haben wir bei unseren Sicherheitsschuhen auch Modelle, die sich für orthopädische Einlagen eignen. Bei Azubis hatten wir allerdings noch keinen Fall mit Einlagen, bei älteren Beschäftigten kommt das häufiger vor.

Matthias Manke: Wie statten Sie Ihre Azubis denn mit Sicherheitsschuhen aus?

Mirjam Stelzer: Die Azubis für Hafenlogistik bekommen ihre Schuhe bereits vor Ausbildungsbeginn. In einer Art Showroom für die persönliche Schutzausrüstung führen wir 14 unterschiedliche Sicherheitsschuh-Modelle, die die Azubis testen und aus denen sie auswählen können. Zur Erstausstattung gehören ein Paar Sommer- und ein Paar Winterschuhe. Natürlich beraten wir sie und greifen auf Erfahrungswerte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurück. Wenn ein Schuh Tage später doch mal drückt oder unbequem ist, dann tauschen wir ihn ohne Probleme aus.

Matthias Manke: Das klingt gut. Sicherheitsschuhe, die nicht passen und klobig sind, hemmen unseren Bewegungsablauf. Die meisten von uns sind eh schon Fersenläufer. Das heißt, wir setzen zuerst die Ferse auf und rollen über den Ballen ab. Der Nachteil daran ist, dass wir eine erhöhte Stoßbelastung im Rückfuß haben, die über die Knie- und Hüftgelenke bis hoch in die Wirbelsäule gelangt. Ein klobiger Schuh, ohne gute Dämpfung, belastet Gelenke und Wirbelsäule noch stärker.

Für ein gesundes Klima in Sicherheitsschuhen müssen Beschäftigte diese regel­mäßig wechseln können.

Mirjam StelzerPersonalreferentin bei der Lübecker Hafen-Gesellschaft (LHG) mit Schwerpunkt Recruiting und Ausbildungskoordination

Mirjam Stelzer: Zum Glück hat sich in der Entwicklung von Sicherheitsschuhen in den vergangenen Jahren viel getan. Wenn ich an meine ersten Sicherheitsschuhe denke: Ich sah aus wie ein Clown, unbequem waren sie auch. Heute sehen viele Modelle wie schicke Sneaker aus. Wir haben bei der LHG keine Akzeptanzprobleme, da wir sehr darauf achten, dass die Schuhe komfortabel sitzen. Zu jeder Jahreszeit. Im Winter müssen die Sicherheitsschuhe zum Beispiel höher sein, um den Knöchel zu schützen, wenn man bei Eis und Schnee vielleicht schneller ausrutscht.

Matthias Manke: Apropos kalte Jahreszeit. Wie pflegen Ihre Azubis die Schuhe? Halten Sie sie dazu an?

Mirjam Stelzer: Auf jeden Fall. Das ist auch ein Bestandteil unserer jährlichen Unterweisung. Wir haben bei der LHG außerdem Trockenräume für die Schuhe, und viele Beschäftigte haben zwei Paar Schuhe zum Wechseln. Bei der körperlichen Belastung schwitzen sie natürlich stark in den Sicherheitsschuhen.

Matthias Manke: Trockenräume? Das höre ich zum ersten Mal. Das ist super. Ein Erwachsener produziert pro Tag ein Schnapsglas voller Fußschweiß. Wir haben an den Füßen 600 Schweißdrüsen auf einem Quadratzentimeter, und in der Pubertät ist die Schweißproduktion noch einmal gesteigert. Schuhe müssen also auslüften, und Wechselschuhe sind absolut wichtig. Immer in den gleichen Schuhen zu laufen, ist für das Fußklima eine Katastrophe. Ich rate Ihnen auch, die Azubis nach ihrer Schuhnutzung in der Freizeit zu fragen. Denn wenn sie immer wieder nur ihre Lieblingsschuhe tragen, können sie gesundheitliche Probleme wie Fuß- oder Nagelpilz, die sich im Alltagsschuh entwickelt haben, in den Sicherheitsschuh übertragen. Fuß- und Nagelpilz schwächen unser Immunsystem, das kann sich auf den ganzen Körper auswirken. Deswegen sollten Betriebe ihre Mitarbeitenden auch mit einem Fußdeo ausstatten, damit sie ihre Schuhe damit behandeln, zusätzlich zum Auslüften im Trockenraum.

Mirjam Stelzer: Auf jeden Fall können wir alle noch mehr machen, um Füße aus der Tabuzone herauszuholen. Ich werde das Thema in der jährlichen Unterweisung breiter aufgreifen.

Matthias Manke: Genau darum geht es. Wir erreichen nie alle, aber je mehr wir sensibilisieren, desto größer wird das Bewusstsein für gesunde Füße, auch im Arbeitsumfeld.

 

Persönliche Schutzausrüstung bei Auszubildenden

Porträt Stefanie Hobrack-Zscheich, Referentin Angebots-Entwicklung, BGHW

Stefanie Hobrack-Zscheich, Psychologin und bei der BGHW für die Entwicklung von Präventionsangeboten verantwortlich, empfiehlt Ausbilderinnen und Ausbildern sowie Ausbildungskoordinatorinnen die Informations- und Schulungsangebote im BGHW-Kompendium zu den Themenfeldern „Auszubildende“ und „Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – Fußschutz“.  Besonders die Persönliche Schutzausrüstung für Auszubildende hat in den neuen Standardberufsbildpositionen eine hohe Bedeutung. Minderjährige Azubis müssen übrigens mindestens halbjährlich unterwiesen werden.

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