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Konflikte im Team: immer ernst nehmen

ca. 5 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Arbeitskräfte verbringen im Durchschnitt etwa 15 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Konflikten
  • Das zieht nicht nur hohe Kosten nach sich, auch die Gesundheit der Beschäftigten kann bei langandauernden Konflikten und psychischer Dauerbelastung leiden
  • Ein Konfliktleitfaden unterstützt Führungskräfte, Konflikte erfolgreich zu managen
  • Wichtigstes Instrument ist das Konfliktgespräch
  • Geht eine Führungskraft die Konflikte durch eine gute Kommunikation rechtzeitig an, liegen darin sogar Chancen für die Entwicklung des gesamten Teams

Konflikte im Team können aus ganz unterschiedlichen Gründen entstehen. Die Rivalität steigt, die Arbeitsmotivation sinkt. Mit negativen Folgen für alle Beteiligten. Richtig angegangen können Konflikte auch Chancen bergen. Hier ist die Führungskraft gefragt.

"Wir brauchen die ganze Truppe, jeden Spieler des Teams, wenn wir erfolgreich sein wollen", sagte einmal Pep Guardiola. Der weltbekannte Fußball-Trainer weiß: Je besser jedes einzelne Mitglied in das gesamte Team integriert und von dessen anderen Mitgliedern anerkannt ist, desto höher die Chance auf einen Sieg. Dauernde Konflikte wie Positionskämpfe und konkurrierende Egos können diese Chancen hingegen deutlich minimieren.

Eine Erkenntnis, die auch für Führungskräfte im betrieblichen Alltag bedeutsam ist. "Im Arbeitsleben, wo Menschen mit unterschiedlichsten Prägungen zusammenkommen, wo vielleicht auch Konkurrenz um Bezahlung, Positionen und Aufgaben herrscht, gibt es unweigerlich Konfliktpotenzial", sagt Diplompsychologin Lucie Beus. Tatsächlich sind Konflikte im beruflichen Kontext an der Tagesordnung. Laut einer Studie des Hernstein Instituts für Management und Leadership in Wien verbringen Arbeitskräfte im Durchschnitt etwa 15 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Konflikten. Unproduktive Arbeitszeit, die hohe Kosten nach sich zieht: Laut Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden bundesweit auf rund 50 Millionen Euro im Jahr. Auch die Gesundheit der Beschäftigten kann bei langandauernden Konflikten und psychischer Dauerbelastung leiden, Fehlzeiten und Kündigungen können die Folge sein.

Ungelöste Konflikte kosten Zeit und Geld

Ein beträchtlicher Teil der Arbeitszeit von Beschäftigten geht dafür drauf, sich mit dem Konflikt statt mit der eigentlichen Arbeit zu befassen – ein unproduktiver Zeitaufwand. Lang andauernde Konflikte können zu erhöhtem Krankenstand und Kündigung führen.

Mehr dazu unter: www.konfliktkostenrechner.de

Zeichnung. Eine Lupe vergrößert Münzen und Geldscheine.
Zwei Männer streiten vor einem Kartonlager

Gründe für Konflikte

Konflikte auf der Arbeit entstehen Studien zufolge aus unterschiedlichen Gründen. Zum Beispiel, wenn gewisse Interessen nicht beachtet werden. Etwa bei Beförderungen oder Aufgabenverteilungen. Aber auch Stress, unklare Rollen oder unzureichende Betriebsmittel könnten das Konfliktpotenzial erhöhen. Oft spielen zudem Emotionen hinein.

"Meist haben Konflikte eine Vorgeschichte und deuten sich leise und unauffällig an, etwa wenn sich Mitarbeitende zurückziehen und immer stiller werden. Aber auch wenn eine Person plötzlich gereizt oder stur in Bezug auf eine andere Person im Team reagiert, sollten Führungskräfte genauer hinsehen", rät Lucie Beus. Spätestens, wenn die Arbeitsleistung spürbar beeinträchtigt und die Atmosphäre im Team sich deutlich verschlechtert oder die psychische Gesundheit von Mitarbeitenden gefährdet sei, gelte es zu intervenieren.

Der Konfliktleitfaden

Ein Konfliktleitfaden unterstützt Führungskräfte, Konflikte erfolgreich zu managen und eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung zu fördern. Er kann Folgendes beinhalten:

  • Definition von Konflikt und Konfliktarten
  • Hinweise zum frühzeitigen Erkennen von Konflikten
  • Einschätzen von Konflikten anhand von Eskalationsstufen
  • Konfliktbewältigungsstrategien
  • Rolle der Führungskraft bei der Konfliktlösung
  • Umgang mit der Beteiligung anderer Fachbereiche oder externe Mediation
  • Kommunikations- und Feedback-Regeln für Konfliktgespräche
  • Rechtliche Aspekte
  • Festlegungen zur Dokumentation
Ein Mann schaut skeptisch auf eine Frau neben ihn, die auf ihn einredet

Konfliktanalyse vor Konfliktgespräch

Welche Schritte dann eingeleitet werden müssen, sollte die Führungskraft im Idealfall bereits vorab in einem Konfliktleitfaden festhalten (siehe oben). Zunächst hilft eine Bestandsaufnahme: Worum geht es? Wer ist beteiligt? Wie ist die Beziehung der Personen zueinander? Wie ist der bisherige Verlauf des Konflikts? Ist diese erste Analyse abgeschlossen, muss die Führungskraft ihre eigene Rolle in dem Konflikt beurteilen. "Wenn ich als Führungskraft selbst Teil des Konflikts oder emotional involviert bin, braucht es weitere Moderation durch einen neutralen Profi", so Beus. Hierbei kann es sich um eine vertrauenswürdige Person aus dem Betrieb oder auch einen externen Mediator oder eine Mediatorin handeln. 

Ist die Führungskraft nicht Teil des Konflikts, kann sie die anstehenden Konfliktgespräche selbst vorbereiten und führen: Nach der vorbereitenden Konfliktanalyse sollte die Führungskraft dann erst einmal die Beteiligten im Einzelgespräch anhören, um weitere Hintergründe zu erfahren. "Wichtig ist, zu diesem Zeitpunkt noch keine konkreten Maßnahmen zu treffen und auch nicht Partei zu ergreifen", sagt Beus. "Erst im anschließenden gemeinsamen Gespräch sollte mit allen Beteiligten zusammen eine Lösung gefunden werden. Im Idealfall entwickeln die Personen diese selbst."

Mehr Wissen: Das Konfliktgespräch

Checkliste für Führungskräfte: Vorbereitende Fragen auf ein Konfliktgespräch
  • Was ist Ziel des Gesprächs?
  • Welche Themen möchte ich ansprechen?
  • Was, wenn ich das Gespräch nicht führe?
  • Was erwarte ich, wie das Gespräch verläuft? Sichtweise der Konfliktbeteiligten?
  • Brauche ich weitere Infos (Zahlen, Daten, Fakten)? Was wurde bisher getan, um den Konflikt zu lösen?
  • Wie gehe ich vor? (Wie gestalte ich den Einstieg? Wie begegne ich Einwänden? Wie kommuniziere ich Kritik sachlich?)
  • Wie stelle ich sicher, dass anschließend was passiert?
  • Wo und wann soll das Gespräch stattfinden, wie lange soll es dauern?
7 Schritte des Konfliktgesprächs
1. Einstieg
  • Zielsetzung und Anlass des Gesprächs ansprechen
  • Eventuell Spielregeln/Rolle der Beteiligten klären
2. Konflikt ansprechen
  • Konflikt direkt ansprechen: "Mich stört...", "Mir ist aufgefallen..."
  • Eigene Sichtweise schildern
3. Sichtweise aller Beteiligten hören
  • Frage an jede Person: "Wie sehen Sie die Sache?"
  • Nachvollziehbarkeit der verschiedenen Standpunkte
4. Hintergründe klären
  • Gefühle ansprechen
  • Verständnis für Gefühle/Reaktionen des/der Anderen wecken
  • Reden Sie darüber, was Sie wirklich stört, ärgert, freut, enttäuscht – nur so kann die in schwierigen Gesprächen oftmals belastete Beziehungsebene angesprochen und entspannt werden.
5. Blick nach vorne richten
  • Erwartungen äußern: "Mir ist wichtig..., Ich erwarte..., Was ist Ihnen wichtig..."
  • Lösungsorientierte Fragen stellen: Wo können wir ansetzen, damit es in Zukunft funktioniert?
  • Gemeinsamkeiten finden
6. Vorschläge sammeln
  • Die Lösung sollte von den Konfliktparteien selbst erarbeitet werden
7. Klare Vereinbarung treffen
  • Konkrete Maßnahmen und Termine vereinbaren
Die neun Eskalations-Stufen nach Friedrich Glasl

Konflikte rechtzeitig angehen

Ein No-Go sind Konflikte, in denen bereits Beleidigungen, Drohungen oder gar Gewalthandlungen aufgetreten sind. "Ist dieses Stadium erreicht, müssen dienstrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen gezogen werden", betont Beus. Dann helfen auch keine Konfliktgespräche mehr weiter, sondern nur noch eine konsequente Trennung der Konfliktbeteiligten. Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, kann eine etablierte Feedback-Kultur im Team für einen geregelten Umgang auch mit schwierigen Situationen helfen (siehe auch weiter unten: Feedbackregeln für Konfliktgespräche).

Geht eine Führungskraft die Konflikte allerdings durch eine gute Kommunikation rechtzeitig an, liegen darin sogar Chancen für die Entwicklung des gesamten Teams. Zur Einschätzung, in welchem Stadium sich ein Konflikt befindet, helfen beispielsweise die neun Eskalationsstufen des österreichischen Konfliktforschers Friedrich Glasl. Ist der Konflikt demnach noch in einem Anfangsstadium und so weit, dass er lediglich zu Diskussionen und Antipathien Einzelner führt, kann dessen Lösung laut Glasl sogar zu Verbesserungen für die Arbeitsatmosphäre insgesamt führen.

Wenn Mitarbeitende erleben, dass sie ernst genommen werden, wenn sie offen ansprechen, was sie stört, ärgert, freut, oder enttäuscht, fördert das die Kommunikation, den Gruppenzusammenhalt und damit auch die Innovationsfähigkeit des gesamten Teams.

In jedem Fall gilt: "Die Führungskraft sollte Konflikt-Signale immer ernst nehmen", betont Beus. "Ein klärendes Gespräch kann helfen, einen Konflikt rechtzeitig zu beheben, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, und die Vertrauensbasis wiederherzustellen."

Zur Person

Lucie Sophie Beus ist Diplompsychologin und arbeitet bei der BGHW als Referentin im Dezernat Portfoliomanagement. Sie ist ausgebildete Mediatorin und eine von elf internen Konfliktbeauftragten der BGHW.

Porträt von Lucie Beus

Feedbackregeln für Konfliktgespräche

Was für alle gilt

  • Mit positiver Rückmeldung beginnen
  • Sachlich statt emotional rückmelden
  • Auffälligkeiten so konkret wie möglich beschreiben (wann, wo, war was genau, anstelle von Verallgemeinerungen)
  • Sichtweise des anderen zur Rückmeldung einholen – nicht die Auffälligkeiten bewerten und den anderen vorverurteilen
  • Konkrete Erwartungen und Wünsche formulieren

Was für Feedback-Gebende gilt

  • Konkrete Ereignisse, Beobachtungen, Situationen am Arbeitsplatz beschreiben
  • "Ich-Botschaften" verwenden: "Ich habe beobachtet...", "Mir ist aufgefallen, dass..."
  • Beobachtungen und Beurteilung trennen: "Ich sehe .... und das bewerte ich ...", "Meine Einschätzung ist ... und die basiert auf den Punkten..."
  • Auf eine wertschätzende Haltung dem Menschen gegenüber achten, auch wenn Sie Verhalten oder Leistungen deutlich kritisieren
  • Eigene Wünsche und Erwartungen mitteilen

Was für Feedback-Nehmende gilt

  • Aufmerksam zuhören
  • Vorsicht mit Rechtfertigungen: Nehmen Sie Feedback als Information, nicht als Angriff
  • Feedback = persönliche Wahrnehmung des anderen: Versuchen Sie zu verstehen, was Ihr Gesprächspartner meint
  • Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen oder genauer wissen möchten
  • "Stopp" sagen, wenn es nicht mehr geht: Überfordert Sie die Menge an Informationen, trauen Sie sich auch, das Gespräch zu unterbrechen und eine Fortsetzung anzuberaumen
  • Feedback überdenken und entscheiden, was ich davon annehme

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