Die Branche der Schnelllieferdienste ist gerade in Zeiten der Corona-Epidemie enorm gewachsen. Mit zunehmender Zahl der Betriebe und Beschäftigten stieg auch die Zahl der Unfälle. „Die körperlichen und psychischen Belastungen vieler Beschäftigter sind enorm“, sagt BGHW-Aufsichtsperson Robert Zimmermann. Das wurde aktuell auch bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Ausliefern first, Gesundheit second?“ in Berlin deutlich, an der Zimmermann als Vertreter der BGHW teilnahm. Die Schilderungen der Beteiligten, Rider sowie Vertreterinnen und Vertreter von Betrieben und Behörden machten deutlich, wie schwierig es ist, gezielte Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit der Riderinnen und Rider umzusetzen.

 

Die Beschäftigten sind sie bei ihrer Arbeit allen Wetterkapriolen und Risiken des Straßenverkehrs ausgesetzt.

Robert Zimmermann, BGHW-Aufsichtsperson

Hohe Risiken für Rider

„Auch die Statistik bestätigt, dass die Tätigkeiten der Rider mit hohen Risiken verbunden sind und die Gefahr, einen Arbeitsunfall zu erleiden, groß ist“, so Zimmermann. „Das ist nicht verwunderlich, stehen die Rider doch permanent unter Zeitdruck. Zudem sind sie bei ihrer Arbeit allen Wetterkapriolen und Risiken des Straßenverkehrs ausgesetzt“, betont er. Daher seien weitere Anstrengungen notwendig, um die Arbeitsbedingungen der Rider zu verbessern. „Die Maßnahmen zielen in drei Richtungen“, erläutert die BGHW-Aufsichtsperson weiter. 

  • Kontrolle und Beratung der Unternehmen
  • Information der Riderinnen und Rider über ihre Rechte in Arbeits- und Gesundheitsschutz
  • Sensibilisierung der Kundinnen und Kunden für die Arbeitsbedingungen der Rider.

„Es zeigt sich, dass es in Unternehmen mit einer regulären Mitarbeitervertretung besser gelingt, gute Arbeitsbedingungen einzufordern und umzusetzen“, ergänzt Zimmermann. 

Wo liegen die Unfallschwerpunkte?

Gemeinsam mit den Kolleginnen Sirikit Müller-Biedermann und den Kollegen Stefan Raßmann, Martin Wuttke und Matthias Broy befasst er sich seit 2020 mit der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei Schnelllieferdiensten. Wie lässt sich die Arbeit auf zwei Rädern für sie sicherer gestalten? Wo liegen die Unfallschwerpunkte? Wie können wir die Rahmenbedingungen für die betroffene Berufsgruppe der Riderinnen und Rider weiter verbessern? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigen sich neben den Präventionsfachleuten der BGHW auch weitere Berufsgenossenschaften wie die BG Verkehr sowie das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) und das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi).

Mithilfe dieser Feldmessungen möchten wir unter anderem die körperlichen Einwirkungen durch Vibrationen, Körperhaltung und den Umgang mit Lasten ermitteln.

Dr. Nastaran Raffler, Ingenieurin beim Institut für Arbeitsschutz

IFA startet Messungen mit Ridern

Ein Radfahrer fährt mit einem roten Mountain-Bike und einem roten Lieferrucksack über eine Straße. Im Hintergrund sieht man verwischte Autos. Der Radfahrer trägt Helm, kurze Hosen und eine schwarze Jacke.
Zeitdruck, schweres Gepäck, unterwegs im städtischen Straßenverkehr: Riderinnen und Rider sind häufig unter Druck.

„Es gibt wenig bekannte Daten. So zum Beispiel über die konkreten Belastungen für die Beschäftigten durch Vibrationen beim Fahren, beim Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, teils in unhandlichen und großen Rucksäcken. Der häufig enorme Zeitdruck für die schnellstmögliche Lieferung ist ebenso belastend wie der persönliche Stressfaktor“, betont Zimmermann. Um konkrete Daten über die Belastungen zu ermitteln, führen Beschäftigte des IFA in den nächsten Wochen praktische Messungen bei den Riderinnen und Rider während der Auslieferungen durch. „Es gibt kaum Erkenntnisse über den Einsatz der Pedelecs als Berufsfahrzeuge“, sagt Dr. Nastaran Raffler, Ingenieurin beim Institut für Arbeitsschutz. Auf einen Aufruf zur Teilnahme an den Messungen haben sich deutschlandweit zahlreiche Testpersonen gemeldet. „Mithilfe dieser Feldmessungen möchten wir unter anderem die körperlichen Einwirkungen durch Vibrationen, Körperhaltung und den Umgang mit Lasten ermitteln“, sagt Dr. Raffler. Dazu werden Sensoren an Sattel, Sattelstütze und Lenkergriffen sowie an der Kleidung der Beschäftigten angebracht.  Zudem sollen die Testpersonen über ihr Empfinden im Umgang mit diesen Belastungen befragt werden. „Die Messungen werden den Arbeitsablauf kaum beeinflussen“, so die Projektleiterin.
Weil die topografischen Bedingungen von Stadt zu Stadt unterschiedlich sind, möchte das IFA diese Messungen neben Bonn und Berlin auch in Stuttgart und weiteren Städten durchführen. Anhand der Untersuchungsergebnisse sollen gezielte Präventionsmaßnahmen auf den Weg gebracht werden mit dem Ziel, die Arbeit für die Riderinnen und Rider sicherer zu gestalten und die Unfallzahlen zu reduzieren.

 

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