Das Wichtigste im Überblick
- Schimmelpilze sind ein natürlicher Teil unserer Umwelt.
- Für die Beurteilung der Schimmelpilzkonzentration gibt es keine gesundheitsbasierten Grenzwerte.
- Schlechte Gerüche sind nicht immer ein Hinweis auf eine gesundheitsrelevante Exposition.
- Schimmelpilzmessungen können für Aufklärung sorgen.
- Unsachgemäße Messungen und falsche Beurteilung können große wirtschaftlichen Schäden verursachen.
Besteht der Verdacht, dass Schimmelpilze am Arbeitsplatz vorkommen, sind Angst und Unsicherheit bei den Beschäftigten oft groß. Wie man der Ursache auf den Grund geht und wie sensibel man mit möglichen Gefahren für die Gesundheit umgehen sollte – ein Einblick.
Schimmelpilze sind ein natürlicher Teil unserer Umwelt. Sie besiedeln Erde, Pflanzen und kommen natürlicherweise auch in der Luft vor. Diese Hintergrundexposition ist ganz normal und beeinträchtigt unsere Gesundheit nicht“, sagt Biologe Dr. Stefan Mayer von der BGHW. Er befasst sich im Bereich Prävention unter anderem mit Schimmelpilzen an Arbeitsplätzen.
Beschwerden am Arbeitsplatz ernst nehmen
Die Gefährdung durch Schimmelpilze in der Luft zu beurteilen, sei sehr schwer. Grenzwerte, ab denen bestimmte gesundheitliche Schäden auftreten, gibt es nicht. Auch kausale Zusammenhänge zwischen einer Schimmelpilzexposition im Innenraum und Gesundheitsschäden konnten bislang selbst in großen internationalen Studien nicht nachgewiesen werden. Dennoch gelte es, Befürchtungen und Beschwerden von Beschäftigten ernst zu nehmen, so Mayer.
Gerüche können in die Irre führen
Auslöser für die Verunsicherung und Angst sind oft muffige oder modrige Gerüche, die auf ein Schimmelpilzwachstum hinweisen. „Ein solcher Geruch geht aber nicht immer mit einer erhöhten Belastung der Luft durch Schimmelpilze einher“, sagt Dr. Christine Schmöger, studierte Chemikerin, Aufsichtsperson und Messtechnikerin im BGHW-eigenen Messtechnischen Dienst. Wenn zum Beispiel nach einem Rohrbruch Schimmelpilze unter dem Estrich im Fußbodenaufbau wachsen, kann man das zwar riechen, aber die Schimmelpilze „klettern“ dort nicht raus, um in die Luft zu starten. Dazu Mayer, der sich mit Schimmelpilzen, ihren Gerüchen sowie der womöglich belastenden Wirkung in Innenräumen beschäftigt hat: „Bei unangenehmen Gerüchen vermuten wir fast immer, dass die Luft belastet und ungesund ist, was aber gar nicht der Fall sein muss. Dennoch sollten Verdachtsfälle abgeklärt werden“, sagt er. Und zwar, indem man Unternehmen ausführlich nach möglichen Ursachen befragt und an den Arbeitsplätzen gegebenenfalls eine Messung durchführt.
Bei Schimmelpilzmessungen Außen- und Innenluft vergleichen
Aufgrund der hohen natürlichen Schwankungsbreite müsse man auch immer die Außenluft mitmessen, so Schmöger, die für die BGHW Messungen in Mitgliedsunternehmen vornimmt. Im Winter seien erfahrungsgemäß nur wenige Schimmelpilze in der Außenluft nachzuweisen, im Sommer hingegen schnell mehrere Tausend. Daher kann eine Messung im Winter ergeben, dass die Innenraumkonzentration deutlich über der Außenluftkonzentration liegt, was suggeriert, man müsse handeln. „Führen wir die gleiche Messung im Sommer durch, kommen wir oft zu einer anderen Beurteilung der Innenraumkonzentration, obwohl sich an der Situation im Innenraum nichts geändert hat. Diese natürliche Schwankungsbreite muss bei der Beurteilung der Innenraumkonzentrationen berücksichtigt werden. Außerdem müssen wegen der natürlichen Schwankungsbreite auch immer mehrere Parallelproben gleichzeitig genommen werden“, erläutert die Messtechnikerin.
Raumluftuntersuchungen sind Expertensache
Die medizinische Relevanz einer Schimmelpilzexposition müssen aber erfahrene Mediziner beurteilen. „Und genau das passiert oft nicht“, weiß Mayer aus langjähriger Erfahrung. Stattdessen finden sich in Messberichten immer wieder Aussagen über mögliche Gesundheitsgefahren, die von Schimmelpilzen ausgehen können. Dabei werden oft dramatische Gesundheitsschäden beschrieben. Zurück bleiben verunsicherte und verängstige Beschäftigte, die sich fragen, ob sie noch guten Gewissens zur Arbeit gehen können.
Untersuchungen nach festen Vorgaben
Unsachgemäße Messungen und eine falsche Beurteilung können außerdem große wirtschaftliche Schäden verursachen. Mayer ist beispielsweise ein Fall in Erinnerung, in dem ein großes Bürogebäude aufgrund mangelhafter Messungen entkernt wurde, obwohl letztendlich kein relevanter Schimmelpilzbefall feststellbar war. Für eine wirklich zielführende Messung sollten unbedingt die Vorgaben eingehalten werden, die in der Technischen Regel für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 405 „Anwendung von Messverfahren und technischen Kontrollwerten für luftgetragene Biologische Arbeitsstoffe“ festgehalten sind. BGHW-Mitgliedsunternehmen, die Messaufträge an private Institutionen vergeben, sollten verlangen, dass die Messungen entsprechend diesen Vorgaben erfolgen.