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Kippgefährdete Ladung sicher transportieren

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Schmale und hohe Ladeeinheiten können bei der Handhabung mit Flurförderzeugen leicht kippen und schwere oder gar tödliche Verletzungen des Fahr- und Ladepersonals nach sich ziehen. 
  • Durch die Verwendung von ausreichend großen Paletten in Kombination mit guter Ladungssicherung können Arbeitsunfälle beim Transport mit Flurförderzeugen verhindert werden. Erhöhten Schutz bieten auch spezielle Transportgestelle oder Transportwagen.
  • Die Verantwortung für den sicheren Transport der Ware liegt sowohl bei den Herstellern als auch bei den Händlern, bei den Betreibern sowie bei den Beschäftigten in Spedition und Logistik.

Der Transport von kippgefährdeten Ladegütern ist äußerst unfallträchtig, vor allem beim Be- und Entladen von Fahrzeugen. Umso wichtiger ist es, von Beginn der Transportkette an die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Auf was gilt es zu achten, damit Beschäftigte vor Verletzungen geschützt werden?

Ein schmales hohes Paket auf einer ebenso schmalen Palette wird von einer Person auf einem Handhubwagen über eine Ladebrücke in einen LKW transportiert. Eine weitere Person stützt die Ladung mit den Händen. Als der Handhubwagen abgebremst wird, kippt das Paket und die Person wird erfasst.
Unfallgefahr beim Verladen eines hohen, schweren Pakets auf einer schmalen Palette mittels Handhubwagen in einen LKW! Ein Beschäftigter versucht, die Ladung mit Körperkraft zu stabilisieren. Doch beim Verzögern des Handhubwagens kippt die Ladeeinheit.

Kippgefährdete Waren wie zum Beispiel Schaltschränke oder spezielle Einrichtungsgegenstände haben eine schmale Seite und einen hohen Schwerpunkt. In der Regel werden sie auf Paletten transportiert. Eine Ladeeinheit kippt beim Transport, wenn zu große Horizontalkräfte auf sie einwirken und sie nicht ausreichend gesichert ist. Solche Horizontalkräfte entstehen zum Beispiel, wenn Flurförderzeuge wie Gabelstapler oder Handhubwagen stark abgebremst werden oder wenn ein Gefälle befahren wird. Die Ladeeinheit kann dann unkontrolliert in Bewegung geraten und Beschäftigte erfassen. Aber auch Personen, die spontan heraneilen und versuchen, die kippende Ladung mit ihrer Körperkraft noch zu stabilisieren, laufen Gefahr, von ihr getroffen und im schlimmsten Fall sogar erschlagen zu werden. Denn sie können dem Gewicht durch das Entgegenstemmen mit den Händen kaum standhalten.


Die richtige Palette?

Beim Transport kommen außerdem häufig Sonderpaletten zum Einsatz, die den Grundabmessungen des schmalen Ladeguts entsprechen. Bei Schaltschränken handelt es sich oft um spezielle „Halb-Paletten“ mit den Abmessungen 1200 mm x 400 mm.   Dementsprechend schmal ist dann auch die einzelne Ladeeinheit aus Ware und Palette. Solche Ladeeinheiten sind zwar platzsparend, jedoch wenig standsicher. Sie erhöhen somit das Unfallrisiko für die mit dem Transport beauftragten Beschäftigten.

Physik des Kippens

Gegenstände kippen immer dann, wenn die auf sie wirkenden Kippmomente größer als die Standmomente sind. In der Physik ist ein Moment das Produkt aus Kraft und Hebelarm. Bei der Errichtung von Stapeln wird entsprechend der DGUV Information 208-061 ein zu berechnender Standsicherheitsfaktor von mindestens 2,0 gefordert. Diese Anforderung lässt sich auch auf die Standsicherheit von Ladeeinheiten übertragen. Den Standsicherheitsfaktor erhält man, indem man die Summe der Standmomente durch die Summe der Kippmomente teilt. Der Standsicherheitsfaktor lässt sich entscheidend verbessern, wenn der Hebelarm des Standmoments vergrößert wird oder – anders ausgedrückt – wenn die schmale Seite der betrachteten Ladeeinheit vergrößert wird. Dies kann zum Beispiel durch die Verwendung einer größeren Palette erreicht werden.

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Manuel Weis, Referent Prävention, Fachbereich Handel und Logistik, BGHW
Manuel Weis, Referent Prävention der BGHW, Fachbereich Handel und Logistik

Verantwortung in der Transportkette…

Um Arbeitsunfälle zu verhindern, müssen alle Beteiligten in der Transportkette für die Sicherheit beim Umgang mit kippgefährdeten Ladegütern sorgen. „Die Verantwortung für die Sicherheit der Beschäftigten reicht dabei vom Hersteller über den Händler bis hin zum Betreiber“, erklärt Manuel Weis, Referent im Fachbereich Handel und Logistik der BGHW. „Maßnahmen am Beginn der Transportkette haben grundsätzlich die größte Reichweite.“


… und mögliche Schutzmaßnahmen

So hat der Hersteller der Ware die Möglichkeit, von vornherein ausreichend dimensionierte Paletten zu verwenden, um die Standsicherheit der Ladeeinheiten zu erhöhen. In vielen Fällen sind Standard-Europaletten mit den Maßen 1200 mm x 800 mm ausreichend. Daraus kann resultieren, dass die Abmessungen der Palette wesentlich größer als die Abmessungen der Ware sind. „Die Verwendung einer größeren Palette konkurriert häufig mit wirtschaftlichen Interessen, da der Laderaum im LKW bestmöglich ausgenutzt werden soll“, so Weis. „Außerdem gestaltet sich die Ladungssicherung etwas aufwändiger. Freiräume müssen mit zusätzlichem Füllmaterial ausgefüllt werden.“

Befindet sich kippgefährdete Ware auf einer zu schmalen Palette bereits beim Händler oder beim Betreiber, müssen dort entsprechende Maßnahmen greifen. Grundlage für sämtliche Schutzmaßnahmen ist immer die betriebliche Gefährdungsbeurteilung. „Die Ware sollte dann sofort auf eine größere Palette, zum Beispiel auf eine Standard-Europalette, umgesetzt werden“, empfiehlt Weis. Außerdem sollte die Ladeeinheit am Flurförderzeug für den Transport gesichert werden, beispielsweise durch Spanngurte. Eine andere sichere Lösung, um Kippunfälle zu vermeiden, ist die Verwendung von speziellen Transportwagen oder Transportgestellen oder auch der Einsatz von Gabelstaplern mit Anbaugeräten in Form von Klammern.

Nicht zuletzt müssen die Bedienpersonen von Flurförderzeugen und die Beschäftigten, die beim Beladen und Entladen helfen, die Anweisungen zur sicheren Handhabung von Ladeeinheiten befolgen. Sie dürfen sich selbst und andere niemals in Gefahr bringen. Das setzt voraus, dass sie gut unterwiesen sind und die entsprechenden Betriebsanweisungen kennen. Auch Beinahe-Unfälle sollten im Betrieb thematisiert und auf allen Hierarchieebenen besprochen werden.

     

    Checkliste: Kippgefährdete Ware auf Paletten sicher transportieren

    Grundlegende Arbeitgeberpflichten:
     

    • Beachtung der Betriebsanleitung des Herstellers bei der Aufstellung und Verwendung von Paletten, beispielsweise in Bezug auf Nutzlast, Stapelhöhe, Wiederverwendbarkeit oder besondere Gefahren
    • Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung, für die der Unternehmer oder die Unternehmerin verantwortlich ist. Sie umfasst auch alle Gefährdungen, die beim Transport und Verladen von Waren entstehen können. Außerdem enthält sie die erforderlichen Schutzmaßnahmen, die es zu beachten gilt.
       
    • Erstellung der Betriebsanweisungen für die Verwendung von Flurförderzeugen und für den Umgang mit kippgefährdeten Ladeeinheiten
       
    • Schriftliche Beauftragung der Personen, die das Flurförderzeug bedienen sollen
       
    • Durchführung der betrieblichen Unterweisung zur sicheren Handhabung des Flurförderzeugs und zum sicheren Umgang mit kippgefährdeten Ladeeinheiten anhand der Betriebsanweisungen
    Hohe, kippgefährdete Lasten sicher transportieren: mit einem Transportgestell für ein Paket oder mit einem Gabelstapler mit Klammern als Anbaugerät sowie mit einem Transportwagen für z.B. Schaltschränke.
    Hier kann nichts kippen, da Pakete und Schrank gut gesichert sind: mit Transportgestell, "Klammerstapler" und Transportwagen.

    Sicherheitsmaßnahmen für den Transport:
     

    • Beachtung der Hinweise des Herstellers in Bezug auf Transport und Lagerung
    • Vorschriftsmäßige Herstellung einer Ladeeinheit aus Transportgut und Palette, zum Beispiel mit Umreifung oder Schrumpffolie. Ein Flurförderzeug darf niemals mit einer instabilen Ladeeinheit beladen werden.
    • Hinweis auf Kippgefahr des Transportguts deutlich auf der Verpackung anbringen, falls nicht schon seitens des Herstellers geschehen   
    • Grundsätzlich gilt: Keine Verwendung von nicht genormten Paletten, die nicht gekennzeichnet sind! Auch beschädigte Paletten (z. B. durch Riss, Bruch) dürfen nicht verwendet werden.
       
    • Liegende Ausrichtung von hohen, kippgefährdeten Transportgütern auf der Palette, sofern aus Produktschutzgründen nicht stehender Transport vorgeschrieben erforderlich ist. Womöglich wird auch ein hängender Transport empfohlen.
    • Umsetzen auf Europalette, falls kippgefährdete Transportgüter auf zu schmalen Paletten angeliefert werden. Mitgelieferte Transportösen (z. B. Ringschrauben oder andere Zubehör-Lastaufnahmemittel) für das Umsetzen verwenden.
    • Verwendung von geeigneten Transportgestellen oder Transportwagen
    • Sicherung von kippgefährdeter Ladung mittels Spanngurten oder Ketten am Flurförderzeug. Auch Verwendung von Anbaugeräten (Klammern) am Gabelstapler möglich.
       
    • Auf sicheren Fahrstil beim Fahren des Flurförderzeugs achten: Vermeidung von abruptem Bremsen und schnellem Beschleunigen
    • Niemals Personen bitten, kippgefährdete Transportgüter manuell zu „stabilisieren“, z. B. durch Festhalten oder Dagegenstützen. Personen sollten sich niemals während des Transports vor Kippkanten aufhalten.

    Noch Fragen?

    Die Prävention der BGHW berät ihre Mitgliedsunternehmen in allen Fragen rund um Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, auch vor Ort im Betrieb. Außerdem können sich Interessierte an das Sachgebiet „Intralogistik und Handel“ der DGUV wenden. Ein multimediales, anschauliches und praxisbezogenes Informationsportal ist darüber hinaus „Das sichere Lager“ – mit mehr als 200 Themenseiten, 150 Filmen und etwa 500 Grafiken und Bildern. Es eignet sich auch für die Unterweisung und für Schulungen zum Thema Intralogistik.

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