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L’Oréal: Blitzeblank und unfallfrei

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Rutschen und Stolpern durch Unordnung und verschmutze Flächen sind Ursache für etwa zwei Drittel aller Sturzunfälle
  • Mit gutem Beispiel voran: Im L'Oréal-Logistikzentrum in Muggensturm können SRS-Unfälle seit Jahren vermieden werden. Grund dafür sind vielseitige Maßnahmen zum Erhalt der Ordnung und Sauberkeit auf der Fläche.
  • Andreas Neumaier, Fachkraft für Arbeitssicherheit bei L'Oréal, stellt altbewährte und moderne Maßnahmen, die sich bewährt haben, vor.
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Reinigungsstationen, Notfallboxen, Gassenbeauftragte, hauseigene Apps sowie Reinigungspersonal und -roboter. Egal, ob altbewährte Hilfsmittel wie Besen und Eimer oder futuristisch aussehende Reinigungsroboter: Im Logistikzentrum von L'Oréal Deutschland ist man bestens ausgestattet, wenn es um das Thema Sauberkeit und Ordnung geht.


„Ohne Ordnung und Sauberkeit ist kein sicheres Arbeiten möglich“, weiß Andreas Neumaier, Fachkraft für Arbeitssicherheit im EHS-Team (Environment, Health and Safety) bei L'Oréal. Deshalb stellen Ordnung und Sauberkeit im 80.000 Quadratmeter großen L’Oréal-Logistikzentrum in Muggensturm, dem größten L’Oréal-Lager der Welt, eine Grundvoraussetzung dar. Täglich fahren hier zwischen 80 und 100 LKW ein und aus und docken an die Be- und Entladestationen an. Zügig wird die Ladung von L’Oréal-Mitarbeitenden auf elektronisch betriebenen Flurförderfahrzeugen von der Ladefläche geholt und die neue Ladung verstaut. Die Waren lagern in unzähligen Regalen, die bis an die Meter hohe Decke reichen. Dazwischen herrscht reges Treiben: Waren werden kommissioniert, von Gabelstaplerfahrern verstaut oder für die Verladung bereitgestellt. Das Konzept bezieht sich auf den gesamten Lagerbereich: Vom Wareneingang, über das Lager, in den Warenausgangsbereich – bis in die Detailkommissionierung. 

Warum das Thema Ordnung und Sauberkeit einen so hohen Stellenwert im Unternehmen hat? Es ist in der Firmenkultur tief verankert und Teil der „10 Goldenen Regeln“ des Unternehmens. Führungskräfte gehen mit gutem Vorbild voran und es wird ständig Feedback „von der Fläche“ eingefordert. Philipp Wentz, Head of ETN-EHS fasst das wie folgt zusammen: „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt all unseres Handels. Sicherheit ist nicht nur eine Priorität, sondern tief verankert in unserer DNA. Dazu gehört natürlich auch der Bereich Ordnung und Sauberkeit – eigentlich als zentrales Element. Wir versuchen, unsere Mitarbeitenden frühzeitig in Entscheidungsprozesse mit einzubinden. Und sind hier vor allem auf Feedback ‚von der Fläche‘ angewiesen, um uns verbessern zu können. Alle Verbesserungen, die wir bis jetzt umsetzen konnten, waren Ideen ‚von der Fläche‘.“

SRS-Unfälle: Zahlen und Fakten

  • Stürze sind einer der gravierendsten Unfallschwerpunkte. Rund zwei Drittel aller neuen Rentenfälle sind bei der BGHW auf Stürze zurückzuführen.
  • Etwa zwei Drittel der Sturzunfälle erfolgten auf ebenen Verkehrsflächen (inkl. Einzelabstufungen), mit den Unfallursachen Rutschen und Stolpern, wobei diese zu etwa der Hälfte durch gleitfördernde Stoffe und herumliegende Gegenstände verursacht wurden.
  • Mindestens ein Drittel der sturzbedingten EE-Fälle (dies entspricht ca. 20–25 Prozent aller EE-Fälle) hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Ordnung und Sauberkeit vermieden werden können.
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Präventivmaßnahmen: beste Voraussetzungen

Maßnahmen, um mögliche Unfallherde und -ursachen schon im Vorfeld weitestgehend zu eliminieren, findet man bei L’Oréal reichlich. Das fängt schon beim Boden an, erklärt Andreas Neumaier: „Wir haben im Bereich unserer Verladetore die Flächen rutschhemmend beschichtet, um für alle Witterungsverhältnisse gerüstet zu sein. Bei Regen bestand die Gefahr, dass Mitarbeitende auf den nassen Überladebrücken ausrutschen. Wenn sie zum Beispiel zu Fuß auf die Ladefläche des LKW gegangen sind, um Kontrolltätigkeiten durchzuführen. Aber auch die Festigkeit für die Flurförderfahrzeuge wird durch die Beschichtung gewährleistet.“ Im Laufe des Sommers 2022 wurden im Verladebereich außerdem Luftkissen nachgerüstet. Jetzt sind die kompletten Verladetore eingehaust – damit Zugluft und Regen gar nicht erst den Weg ins Lager finden. 

Eine Notfallbox wird an die Unfallstelle gefahren
Für den Notfall: Die Bboxen enthalten unter anderem einen Eimer, Gummi- und Arbeitshandschuhe, Ölbindemittel, Absperrpfosten und -kette sowie Schutzbrillen.

Was außerdem erst gar nicht den Weg ins Lager schafft: defekte Paletten. Diese werden direkt am Wareneingang aussortiert, sodass keine Holzsplitter ins Lager gelangen. Und wenn doch mal etwas herumliegt oder ausläuft? Für diesen Fall stehen in den Regalgängen sogenannte Notfallboxen bereit. Die Boxen enthalten unter anderem einen Eimer, Gummi- und Arbeitshandschuhe, Ölbindemittel, Absperrpfosten und -kette sowie Schutzbrillen und können von den Mitarbeitenden schnell zur Stelle, an der das Malheur passiert ist, transportiert werden.

Futuristisch aussehender Reinigungsroboter fährt durch Regalgang
Wenn das Reinigungspersonal Feierabend macht, übernimmt der Roboter – voll automatisiert.

Zudem sorgt das Reinigungsteam, dass täglich anwesend ist für die nötige Grundsauberkeit. Das i-Tüpfelchen: Wenn das Reinigungspersonal Feierabend macht, übernimmt ein futuristisch aussehender Roboter die nächtliche Reinigung der Regalgänge – ganz automatisch. Aber auch kleinere, niedrigschwellige Maßnahmen wurden getroffen. So gibt es mehrere Reinigungsstationen, die aus Besen, Kehrblechen und Eimern bestehen, damit Mitarbeitende auch kurzfristig selbst Hand anlegen und Verschmutzungen bei Seite räumen können.

Leerpaletten werden im vorgegebenen Bereich gestapelt
Alles an seinem Platz: Markierungen am Boden und an den Wänden geben Standplätze für Paletten und Mülltonnen vor.

Außerdem hat alles seinen festen Platz. Gelbe Linien am Boden zeigen nicht nur an, wo langelaufen werden darf, sondern auch, wo zum Beispiel Mülltonnen und Leerpaletten abgestellt werden können. Die obere und mittlere Managementebene schaut sich das regelmäßig vor Ort zusammen mit den Mitarbeitenden an. Die Mitarbeitenden werden befragt: Fühlen sie sich bei dem, was sie tun, sicher? Sehen sie Risiken? Dabei wird die Sicherheit, Gesundheit sowie das Arbeitsumfeld der Mitarbeitenden betrachtet. Hat alles seinen Platz? Liegt irgendwas rum? Müssen wir irgendwo nachbessern? 

Präventivmaßnahmen bei L‘ORÉAL

  • Rutschfeste Bodenbeläge und Luftkissen an Verladetoren schützen vor Regen, Nässe und Zugluft.
  • Notfallboxen stehen Mitarbeitenden zur Beseitigung von größeren Verschmutzungen bereit.
  • Eine externe Reinigungsfirma führt unter der Woche eine laufende Unterhaltsreinigung sowie am Wochenende eine spezielle Reinigung durch. Nachts übernimmt der vollautomatische Reinigungsroboter.
  • Reinigungsstationen halten Besen, Kehrbleche und Eimer bereit.
  • Bodenmarkierungen und -kennzeichnungen geben die festen Standplätze für zum Beispiel Mülltonnen und Leerpaletten vor.
  • Gassenbeauftragte überprüfen wöchentlich die Sauberkeit und Ordnung in Regalgängen.
  • Vorbildfunktion: Vorgesetzte leben das richtige Verhalten vor und räumen dem Thema Sicherheit in jedem Meeting einen hohen Stellenwert ein.
  • Strikte Handy- und Telefonpolice: Wer telefoniert, muss an einem sicheren Ort stehen bleiben.
  • Checklisten sowie tägliche und wöchentliche Jour fixes helfen Gassenbeauftragten, Reinigungspersonal und Führungskräften dabei, ihre Aufgaben gewissenhaft zu erledigen, mögliche Probleme und Risiken frühzeitig zu erkennen und nötige Maßnahmen einzuleiten. 
  • Digitale Tools ermöglichen Mitarbeitenden, mögliche Gefahrenquellen zu melden.
Zwei Mitarbeitende räumen eine Leerpalette ins Regal
Gelebte Prävention: Hier packen alle mit an.

Vorbild sein: Sensibilisierung der Mitarbeitenden

Die Grundvoraussetzungen sind also gegeben. Aber wie verankert man das Thema Sauberkeit und Ordnung in den Köpfen seiner Mitarbeitenden? „Uns ist ganz wichtig: Jeder fühlt sich hier verantwortlich. Nicht nur das Führungsteam, die Managementebene. Das ist unsere Sicherheitskultur. Nur so können wir das Ganze hier am Standort sinnvoll umsetzen“, erklärt Andreas Neumaier. „Wir versuchen, jeden Mitarbeitenden abzuholen, ein Bewusstsein für Ordnung und Sauberkeit sowie Qualität zu schaffen. Wir haben Stationen in einzelnen Bereichen, an denen Teamleiter ihre Themen der Woche mit ihren Mitarbeitenden besprechen und konkret Maßnahmen einleiten können. Jedes Meeting und jede Veranstaltung, die durchgeführt wird, starten wir mit dem Thema Sicherheit – egal auf welcher Ebene. Erst danach folgen die Qualität und die Produktivität. Und so ist das immer in den Köpfen drin“, schlussfolgert Alexander Schröder, Qualitätsmanager.

Zusätzlich wurden auf dem gesamten Betriebsgelände Monitore angebracht, über die immer wieder kurze Filme oder Infos zum Thema angezeigt werden, sodass jeder im Vorbeilaufen an die wichtigsten Aspekte erinnert wird. Ebenfalls wichtig: die Vorbildfunktion von Vorgesetzen. Das beginnt auf der unteren Teamleiterebene und zieht sich durch das gesamte Management bis zum Standortleiter. „Wenn man im Lager unterwegs ist und man sieht etwas am Boden liegen, ein Stück Folie oder einen Holzsplitter, dann nimmt man die Handschuhe aus seiner Jacke, hebt das auf und wirft es in das entsprechende Müllbehältnis. Damit jeder Mitarbeitende sieht: ‚Aha, hier bückt sich sogar der Standortleiter, wenn er etwas am Boden liegen sieht und trägt zu einem ordentlichen Arbeitsumfeld bei.‘ Jeder kann hier jeden auf einen Fehler ansprechen. Unabhängig seiner Hierarchieebene“, so Andreas Neumaier. Erfährt Andreas Neumaier von Unfällen und Beinahe-Unfällen in anderen Unternehmen, so kommuniziert er das präventiv an sein Team. Immer mit der einen Frage im Hinterkopf: Was machen wir hier am Standort, um so etwas zu verhindern? Das wirkt zum einen einer Abstumpfung entgegen und führt zum anderen dazu, die eigenen Maßnahmen noch einmal zu überprüfen und dafür zu sensibilisieren.

Zwei Gassenbeauftragte überprüfen mit Hilfe einer Checklist ihren Regalgang
Mit Hilfe einer Checklist überprüfen die Gassenbeauftragten die Ordnung und Sauberkeit ihres Regalgangs. Kleinere Unstimmigkeiten werden direkt beseitigt.

Gassenbeauftragte: Verantwortung auf der Fläche übernehmen

Grundsätzlich ist bei L’Oréal jeder Mitarbeitende für seinen Arbeitsplatz selbst verantwortlich. „Aber natürlich haben wir noch zusätzliche Begehungen oder Kontrollen, digitale Listen, manuelle Listen, mit denen Mitarbeitende gezielt Checks im Lager durchführen können“, so Alexander Schröder. Seit Mitte 2021 gibt es im L’Oréal-Logistikzentrum im Muggensturm außerdem die sogenannten Gassenbeauftragten: Jeweils zwei Mitarbeitende auf der Fläche übernehmen die Verantwortung für einen Regalgang. Sie überprüfen zum Beispiel gemeinsam, ob die Paletten richtig eingelagert sowie in den Regalen richtig gewickelt sind und ob sie ordentlich im Regal stehen. Größte Stolpergefahr: Leerpaletten in den Gängen. „Das war ein Punkt, den wir den Gassenbeauftragten mit auf den Weg gegeben haben: ‚Achtet bitte darauf, dass keine Leerpaletten in den Gassen rumstehen.‘ Primär, um Stolperunfälle zu vermeiden. Aber das hat auch einen Einfluss auf unsere Produktivität. Wenn die Gabelstaplerfahrer erst Slalomfahrten durchführen müssen, um an einen Stellplatz zu kommen, haben wir nichts gewonnen“, führt Alexander Schröder aus.

Sollten Unregelmäßigkeiten auftreten, wird der Vorgesetzte informiert, um dann schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen. Wenn des Öfteren bestimmte Dinge auffallen, wird der Teamleiter aktiv und kann das bei Teambesprechungen ans gesamte Team kommunizieren, um eine Verbesserung herbeizuführen. On top erfolgt die Kontrolle der Kontrolle. Denn auch die Zentralvorgaben der L’Oréal-Gruppe wollen eingehalten werden. „Das Führungsteam geht einmal pro Woche selbst durchs Lager und schaut nach“, so Alexander Schröder.

Ablenkungsgefahr: Handy und Telefon

„Was uns ganz wichtig ist hier am Standort: Es ist auf dem gesamten Betriebsgelände verboten, mit elektronischen Kommunikationsmitteln zu arbeiten. Sprich: Muss ein dringendes Telefonat geführt werden, muss der Mitarbeitende dafür stehen bleiben. Wenn unsere Flurförderzeugfahrenden auf ihrem innerbetrieblichen Telefon angerufen werden, dann nehmen sie diesen Anruf erst entgegen, nachdem sie ihr Fahrzeug zum Stillstand gebracht haben und an einer sicheren Stelle stehen. Es ist uns wichtig, dass wir das auf dem gesamten Betriebsgelände so handhaben. Um ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten haben wir beschlossen, diese Regel vom Lager auf den gesamten Standort auszuweiten“, Andreas Neumaier.

Auf einem Scmartphone-Display werden verschiedenen digitale Checklisten angezeigt
Viele Checklisten sind über eine App digital auf dem Smartphone abrufbar.

Digitale und manuelle Tools 

Das heißt aber nicht, dass gänzlich auf Digitalität verzichtet wird. „Um die Sicherheit und Sauberkeit am Standort zu gewährleisten und zu verbessern, gibt es mehrere Tools – online und offline“, erklärt Ina Allmendinger, Mitarbeiterin im EHS-Team. Dazu gehört zum Beispiel die SIO-Meldung, das steht für „Safety Improvement Opportunity“: Mitarbeitende können, auch ohne E-Mail-Account, Verbesserungsvorschläge einreichen oder melden, wenn sie eine gefährliche Situation erlebt haben, also einen Beinahe-Unfall oder wenn sie ein Risiko sehen. „Bei der MESUR-Begehung lässt sich ein Mitarbeitender aus der Managementebene in der Halle oder im Admin-Bereich einen Arbeitsplatz bzw. einen bestimmten Prozess zeigen, um zu beurteilen, welche Verbesserungsmöglichkeiten es hinsichtlich Sicherheit aber auch Ergonomie, Umwelt etc. gibt“, so Ina Allmendinger. Zusätzlich finden einmal wöchentlich EHS-Rundgänge statt bei denen mögliche Verbesserungen besprochen werden. Digitale Checklisten helfen dabei.

Das Unternehmen L’Oréal

  • ist ein französischer Konsumgüterkonzern mit Hauptsitz in Clichy, Paris, und derzeit der größte Kosmetikhersteller der Welt. Das deutsche Headquarter befindet sich in Düsseldorf, ein Produktionszentrum in Karlsruhe sowie zwei Distributionszentren in Mönchengladbach und Muggensturm.
  • beschäftigt weltweit mehr als 85.000 Mitarbeitende, davon circa 2.500 in Deutschland.
  • gewann mit der Abteilung EHS (Environment, Health and Safety) bereits zweimal den BGHW-Präventionspreis und einmal den BGHW-Präventionspreis Goldene Hand.
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Fokus: Sturzunfälle

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