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Mit Interview

Klimawandel und Arbeitsschutz

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

Hannah Huxholl und Dr. Heinz Schmid von der DGUV im Gespräch:

  • Die Gefährdungsbeurteilung ist das geeignete Instrument, um die psychische Belastung, die infolge des Klimawandels entsteht, gut zu minimieren.
  • Die Dimensionen des Klimawandels nehmen zu, Menschen werden immer häufiger traumatischen Situationen ausgesetzt sein. Das macht die Gefährdungsbeurteilung immer dringlicher. 
  • Eco-Anxiety, die Angst um die eigene Zukunft, ist normal. Entscheidend ist, aktiv etwas dagegenzutun.
  • Die Unfallversicherungsträger bzw. die Aufsichtspersonen sind die richtigen Ansprechpartnerinnen und -partner, wenn es darum geht, den Arbeitsschutz an die dynamischen Prozesse in der Arbeitswelt anzupassen.
  • Der Fokus muss auf Präventionsmaßnahmen liegen, die keine zusätzlichen Ressourcen verbrauchen und damit den Klimawandel verstärken. 
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Die Folgen des Klimawandels betreffen jeden und erfassen auch den Arbeitsalltag in einer neuen Dimension. Hannah Huxholl, Psychologin bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, dem Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, und ihr Kollege Dr. Heinz Schmid, Leiter des Referats Präventionsdienste, erläutern die Rolle der Unfallversicherungsträger.
 

Wie können die Berufsgenossenschaften ihre Mitgliedsunternehmen für die psychische Belastung, die infolge des Klimawandels entsteht, sensibilisieren? Reicht dafür die Gefährdungsbeurteilung aus?

Hannah Huxholl: Mit der Gefährdungsbeurteilung lassen sich die Gefährdungen durch psychische Belastung, die durch den Klimawandel entstehen, gut minimieren. Denn dabei geht es ja auch um die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Klimawandel und seine Folgen sind immer deutlicher zu spüren und machen auch vor der Arbeitswelt keinen Halt. Dies betont nochmals die Dringlichkeit, die Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Neu ist vor allem die Dimension: Die Wahrscheinlichkeit, dass psychisch belastende Ereignisse wie Extremwetter eintreten, wird immer größer. Die Menschen werden häufiger traumatischen Situationen ausgesetzt sein, daher müssen wir uns mit dem Thema Trauma stärker befassen. Aber auch dafür haben die Unfallversicherungsträger die passenden Instrumente vorliegen und können beraten, wie beispielsweise zu Notfallplänen. Die Verantwortlichen in den Betrieben können dies nutzen.

 

Porträt Hannah Huxholl, Psychologin bei der DGUV

Die Wahrscheinlichkeit, dass psychisch belastende Ereignisse eintreten, wird immer größer.

Hannah HuxhollPsychologin bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)

Belastet die Sorge vor dem, was noch kommt, die Beschäftigten so sehr?

Hannah Huxholl: Auf jeden Fall. Die Tatsache, dass durch den Klimawandel Gefährdungen entstehen und sich verstärken, sorgt für große Ängste und Unsicherheiten in der Belegschaft. Was kommt da auf uns zu? Unternehmen sollten versuchen, Handlungsoptionen aufzeigen: Was können wir im Betrieb tun, um dem Klimawandel entgegenzuwirken? Wie können wir beispielsweise unser Außengelände gestalten? Was können wir energetisch an unserem Gebäude tun, was in der Kantine? Die Beschäftigten in diese Prozesse einzubinden, ist das Beste, was man gegen diese aufkommenden Ängste tun kann. Wichtig ist, zu wissen, dass Eco-Anxiety, also die Angst um die eigene Existenz und die eigene Zukunft aufgrund der Klimakrise, eine normale Reaktion auf eine extrem belastende Situation ist. Entscheidend ist es, aktiv etwas dagegen zu unternehmen.

Warum sollte sich ein Mitgliedsunternehmen mit seiner zuständigen Aufsichtsperson über die Gefährdungen durch den Klimawandel austauschen?

Dr. Heinz Schmid: Klare Antwort: Weil in den Aufsichtsdiensten der Unfallversicherung das Wissen und die Erfahrungen vorhanden sind, die die Betriebe nutzen sollten. Die Unfallversicherungsträger haben mit Blick auf technologische Neuerungen zum Klimaschutz bereits Anfang des letzten Jahrzehnts neue Gefährdungen, die zum Beispiel mit der Elektromobilität einhergehen, ermittelt. Kfz-Betrieben konnte so frühzeitig eine Hilfe für den sicheren Umgang mit elektrischen Fahrzeugen an die Hand gegeben werden. Ein anderes Beispiel ist der seit vielen Jahren verstärkte Einsatz von Windenergie- oder Solaranlagen. Diese Anlagen müssen nicht nur sicher errichtet und betrieben werden, sondern auch gewartet. Darauf hat die Unfallversicherung zeitnah reagiert. Frühzeitige Hilfsangebote sind möglich, weil Aufsichtspersonen technologische Entwicklungen im Rahmen ihrer Besichtigungen in den Betrieben tagtäglich miterleben. Das Wissen der Unfallversicherung und die Erfahrungen mit dynamischen Prozessen in der Arbeitswelt machen passgenaue Präventionsmaßnahmen möglich. Das ist sozusagen Teil unserer DNA. Im Übrigen hat die gesetzliche Unfallversicherung einen Beratungsauftrag! 
 

 

Porträt Dr. Heinz Schmid, Leiter Präventionsdienste DGUV

Mitgliedsbetriebe sollten das Wissen und die Erfahrungen nutzen, das die Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger in puncto Klimawandel haben.

Dr. Heinz SchmidLeiter Präventionsdienste bei der DGUV

Wie reagieren die Unfallversicherungsträger auf den Umgang mit Rekordhitze in den Sommermonaten?

Dr. Heinz Schmid: Die gesetzliche Unfallversicherung befasst sich schon länger mit Temperaturen oberhalb des physiologischen Optimums eines Menschen (zum Beispiel Arbeiten mit Hochöfen). Präventionsmaßnahmen dazu sind beschrieben. Neu sind die häufigen Rekordtemperaturen und die Dauer der Hitzeperioden. Hinzukommt die oft fehlende nächtliche Abkühlung, was langfristig den Schlaf und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen kann. Dass z. B. die Unfallhäufigkeit bei Schlaf- bzw. Konzentrationsmangel steigt, ist nachgewiesen, wie eine aktuelle Studie der Universitäten Passau und Bern zeigt. Worauf Betriebe und Bildungseinrichtungen künftig stärker achten müssen, um ihre Beschäftigten vor Hitze und auch der damit einhergehenden hohen UV-Strahlung zu schützen, ist unter neuen Rahmenbedingungen neu zu regeln. Beispiel: Wenn in einer Lagerhalle auch bei geöffneten Toren keine erträglichen Temperaturen möglich sind, muss kurzfristig über mehr Ruhezeiten, Kühlwesten für Beschäftigte oder einen gekühlten Raum im Betrieb nachgedacht werden, denn eine Überhitzung des Körpers kann tödlich sein. Mittel- und langfristig werden Betriebe, aber auch Verwaltungen und Bildungseinrichtungen nicht umhinkommen, Dächer und/oder Fassaden zu begrünen, Außenanlagen zu bepflanzen und bei Neubauten dafür zu sorgen, dass auch bei Rekordtemperaturen in Innenbereichen ein erträgliches Raumklima herrscht. Insgesamt muss das Augenmerk auf Maßnahmen gelenkt werden, die nicht zusätzliche Ressourcen verbrauchen und damit den Klimawandel zusätzlich verstärken. Beispiele dafür gibt es bereits. Davon können andere lernen.

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