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Das A und O guter Zusammenarbeit

ca. 5 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Das Arbeiten in der Schrott-, Metall-, Wertstoff- und Recycling-Branche erfordert äußersteVorsicht und Achtsamkeit.
  • Yvonne Roth, Fachkraft für Arbeitssicherheit (Fasi), kümmert sich beim Ravensburger Entsorgungsunternehmen Bausch um die Sicherheit und Gesundheit ihrer Kolleginnen und Kollegen.
  • Yvonne Roth  und BGHW-Aufsichtsperson Raphael Ries machen deutlich, wie sie Beschäftigte für die Sicherheit am Arbeitsplatz begeistern und warum die Zusammenarbeit so gut funktioniert.
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Es ist laut, schmutzig und gefährlich: Das Arbeiten in der Schrott-, Metall-, Wertstoff- und Recycling-Branche erfordert bei den Beschäftigten äußerste Vorsicht und Achtsamkeit. Alltag für Yvonne Roth, Fachkraft für Arbeitssicherheit beim Ravensburger Entsorgungsunternehmen Bausch.

Ein dunkelhäutiger Mann steht an einem Fließband und sortiert den Abfall. Er trägt eine grüne Mütze und blaue Arbeitskleidung.
Abfälle am laufenden Band. Beim Sortieren kann es wegen scharfer und spitzer Gegenstände zu Verletzungen kommen.

Im Gespräch mit HUNDERT PROZENT schildern Roth und BGHW-Aufsichtsperson Raphael Ries, wie sie Beschäftigte für die Sicherheit am Arbeitsplatz begeistern und warum die Zusammenarbeit so gut funktioniert. „Die Arbeitsbereiche in den Abfall- und Recycling-Branchen sind wesentlich gefahren- und unfallträchtiger als in den meisten anderen. Diese Tätigkeiten spiegeln beinahe die gesamte Bandbreite der BGHW-Branchen wider und bilden die Königsklasse in Fragen der Arbeitssicherheit“, sagt Raphael Ries, Aufsichtsperson der BGHW im Raum Oberschwaben/östlicher Bodensee.

Familienbetrieb mit 120 Beschäftigten
Zu seinem Einzugsbereich zählt auch das vor mehr als 100 Jahren gegründete Entsorgungsunternehmen Bausch am Rande von Ravensburg. Der Firmen- und Verwaltungssitz umfasst an diesem Standort einen Wertstoffhof, Schrott- und Metallplatz, Fuhrpark und Sortieranlage. Yvonne Roth, Fachkraft für Arbeitssicherheit (Fasi), kümmert sich in dem Familienbetrieb um die Sicherheit und Gesundheit ihrer Kolleginnen und Kollegen. Die rund 120 Beschäftigten arbeiten unter anderem im Containerdienst, an der Sortieranlage, an der Papier-Ballenpresse, im Fuhrpark oder an der Kasse. Sie führen Kundengespräche, steuern Kranwagen und fahren Lkw.

Rückfahrkamera bewährt sich

Ein Mann sschaut in den Rückspiegel des Gabelstaplers, den er fährt. Darin sieht er zwei Personen.
Seit dem Einbau der Kamera fühlt sich der Fahrer des Gabelstaplers beim Rückwärtsfahren wesentlich sicherer.

Es quietscht, klirrt und scheppert beim Gang über das Betriebsgelände. Unter dem 7.200 Quadratmeter großen Dach stehen aufgereiht Metall-, Schrott- und Wertstoffboxen neben Altpapierballen und Autokarosserien. Ein großer Bagger schiebt mit lautem Getöse Metallteile, Öfen Sprungrahmen und Zäune in eine Box. Ein Containerfahrzeug kippt Berge von Plastikteilen, Kabeln, Eimern und Verpackungen in die Wertstoffecke. Aus Richtung Sortieranlage kommt ein Gabelstapler angerollt. „Kannst du mal eben herkommen?“, ruft Yvonne Roth dem Fahrer zu. Sie und Raphael Ries möchten wissen, ob sich der kürzlich gemeinsam beschlossene Einbau einer Rückfahrkamera bewährt hat: „Ja, die Kamera ist klasse. Das Rangieren ist dadurch wesentlich einfacher und ungefährlicher“, schildert der Fahrer.
Vor dem Einbau der Kamera war es beim Rückwärtsfahren zu brenzligen Situationen gekommen. „Daraufhin habe ich kurzerhand Raphael Ries angerufen“, erinnert sich Yvonne Roth. Der BGHW-Präventionsmitarbeiter war gerade in der Nähe und kam direkt zum Wertstoffhof.  Gemeinsam mit dem Fahrer spielten Roth und Ries die alltäglichen Gefahrensituationen durch. Sie waren sich schnell einig: Eine Rückfahrkamera muss her. Diese wurde bestellt und war wenige Tage später eingebaut. Seitdem gab es mit dem Gabelstapler keine Zwischenfälle mehr.

Aufsichtsperson Raphael Ries schaut in de Kamera. Mit seinen verschränkten Armen hält er eine schwarze Schreibmappe. Er trägt rine gelbe Warnweste

Ein gutes Beispiel für unkomplizierte und gute Zusammenarbeit zwischen einem Mitgliedsunternehmen und der BGHW.

Raphael Ries, BGHW-Aufsichtsperson

Berufsbegleitende Ausbildung

Yvonne Roth sitzt vor einem Computer-Bildschirm am Schreibtisch und hält mit der Linken Hand einen Telefonhörer an ihr Ohr. Sie spricht.
Yvonne Roth greift zum Telefon und wendet sich auf direktem Weg an die BGHW, wenn es Probleme gibt.

„Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie unkomplizierte und gute Zusammenarbeit zwischen einem Mitgliedsunternehmen und der BGHW gelingen kann“, betont Raphael Ries. Gerade in diesen Tätigkeitsbereichen halte er dies für seine fachliche Beratung als Aufsichtsperson für sehr wichtig.  „Kommunikation ist das A und O“, sagt er. Das bestätigt Yvonne Roth. Auch sie spricht aus Erfahrung. „Während meiner mehr als 18-jährigen Tätigkeit bei der Firma Bausch habe ich beinahe alle Bereiche kennengelernt“, erzählt die 39-Jährige. „Die Themen sind mir im Laufe der Zeit immer vertrauter geworden und ich weiß, wo ich hinschauen muss. Als Sicherheitsbeauftragte habe ich zunächst unseren Chef, Vorgesetzte und meine Kolleginnen und Kollegen ehrenamtlich unterstützt“, erinnert sie sich. Raphael Ries habe ihr eines Tages empfohlen, die berufsbegleitende Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der BGHW zu machen.
 

Auf Augenhöhe sprechen

Yvonne Roth und Raphael Ries sitzen sich an einem Tisch vor einem großen Fenster gegenüber und sprechen miteinander. Sie tragen Gelbe Warnwesten.
Yvonne Roth und Raphael Ries suchen gemeinsam nach Lösungen und tauschen sich offen aus.

„Wir haben Yvonne Roth durch die Ausbildung zur Sifa begleitet. Der offene fachliche Austausch bedeutet auch für die BGHW einen Mehrwert, weil wir uns offen austauschen selbst wenn es um unangenehme Themen geht“, erläutert Ries. Das erleichtere ihm als Aufsichtsperson die Beratung. Seit 2018 ist Roth als Sifa im Einsatz. „Wenn ich bei meinen Kolleginnen und Kollegen mit Gesprächen oder Hinweisen zum Arbeitsschutz um die Ecke komme, ist es etwas anderes, als wenn der Betriebsleiter oder die Geschäftsführung das machen. Die sind einfach zu weit weg!“, sagt sie.  Sie spreche auf Augenhöhe. So auch bei den Unterweisungen, die sie auch situationsbedingt durchführt: Zum Beispiel, wenn sich ein Lkw-Fahrer beim Aussteigen nicht abstützt, die Tritte am Fahrzeug nicht verwendet, sondern hinunterspringt  oder wenn die persönliche Schutzausrüstung fehlt. „Es ist etwas anderes, wenn ich sage: Es ist euer Leben und eure Gesundheit,“ so Roth.

 

Ab 2024 neue Sifa-Ausbildung

Um den aktuellen Entwicklungen und Anforderungen in der betrieblichen Praxis sowie im Arbeitsschutz gerecht zu werden, wurde das Ausbildungskonzept für Fachkräfte für Arbeitssicherheit überarbeitet, das ab 2024 umgesetzt wird. Alle Berufsgenossenschaften erarbeiteten gemeinsam mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) die neue Ausbildungsform. Hier geht es zur  Sifa-Ausbildung.

Symbol mit einem Ausrufezeichen

Auf direktem Weg zur BGHW

Drei Männer und eine Frau stehen im Kreis und unterhalten sich. Zwei von ihnen tragen eine Warnweste.
Raphael Ries (rechts) und Yvonne Roth sprechen mit Beschäftigten über die Transponder, die aus Sicherheitsgründen an der Ballenpresse getragen werden müssen.

Und wenn es Probleme gibt, die sich vor Ort nicht lösen lassen, nimmt sie auch den direkten Weg zur BGHW, ohne per E-Mail hin- und herzuschreiben. Zum Beispiel als sich die neu installierte Papierballenpresse immer wieder per Notstopp ausschaltete, weil Funkstreckenüberlagerungen den Betrieb störten. Die Frequenzen der Transponder, die Beschäftigte an der Ballenpresse zu ihrer Sicherheit am Handgelenk tragen und die Frequenzen der Fernbedienungen, die Lkw-Fahrer beim Abkippen der Mulden auf dem Gelände nutzten, lagen auf einer gemeinsamen Funkstrecke. Jedes Mal, wenn ein Lkw-Fahrer seine Fernbedienung einsetzte, meldete die Ballenpresse einen Notfall und schaltete sich aus. Der Transponder schaltet die Presse aus, sobald jemand in eine festgelegte Gefahrenzone gerät. Dadurch können schwere Unfälle an der Ballenpresse vermieden werden.
 

Schnelle Lösung auf kurzem Dienstweg

Die Spiegelung in einer Glasscheibe zeigt das Gesicht von Yvonne Roth. Im Vordergrund steht ein Miniatur-VW-Bus vor der Scheibe, darüber hängt eine lila Postkarte, darauf steht: Herrin der Lage:
„Herrin der Lage“ heißt es auf einer Postkarte am Bürofenster von Yvonne Roth.

Roth kontaktierte BGHW-Aufsichtsperson Ries, der schaltete den Hersteller der Ballenpresse sowie einen Kollegen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ein. Gemeinsam suchten sie erfolgreich nach Lösungen. Der Hersteller änderte die Funkfrequenz, und seitdem gibt es keine Probleme mehr. „So konnten wir auf kurzem Dienstweg eine schnelle Lösung finden, die alle Beteiligten zufriedenstellte“, resümiert der BGHW-Präventionsexperte und ergänzt anerkennend: „Yvonne Roth hat sich als eine der wenigen Frauen in der Schrott-, Wertstoff- und Recycling-Branche Respekt und Anerkennung verschafft hat. Das ist schon beeindruckend.“ 

So funktioniert gute Zusammenarbeit in der Praxis

Empfehlungen und Tipps für gute Zusamenarbeit geben Yvonne Roth, Fachkraft für Arbeitssicherheit, und BGHW-Aufsichtsperson Raphael Ries, in diesem Film

Yvonne Roth und BGHW-Aufsichtsperson Raphael Ries stehen vor gefüllten Abfallbehältern und Containern voller Müll und unterhalten sich. Sie tragen gelbe Warnwesten.

Drei Fragen an ... Yvonne Roth, Fachkraft für Arbeitssicherheit

Yvonne Roth schaut freundlich in die Kamera. Sie trägt eine gelbe Warnweste. Hinter ihr ist Müll erkennbar.

Was ist Ihr persönlicher Schlüssel zu Ihren Kolleginnen und Kollegen? 
Klare Kommunikation ist das Allerwichtigste. Ich gehe auf meine Kolleginnen und Kollegen zu und kommuniziere – als Kollegin auf Augenhöhe. Zum Beispiel, wenn ein Kollege seine persönliche Schutzausrüstung nicht trägt, spreche ich ihn freundlich an und sage: „Mir ist aufgefallen, dass du deine Arbeitsschuhe nicht trägst. Gibt es ein Problem damit oder sind sie kaputt?“ Das persönliche Gespräch ist durch nichts zu ersetzen, auch mit Blick auf eventuelle Missstimmungen, zwischenmenschliche Probleme oder Belastungen.

Reichen Gespräche aus?
Kommunikation ist der erste Schritt. Aber das Gesamtpaket muss stimmen. Nachdem ein Thema oder ein Problem angesprochen wurde, sollte zeitnah eine Lösung gefunden werden. Technische Mängel und Probleme müssen natürlich schnellstmöglich behoben werden. Zum Beispiel bei  Stolperfallen, etwa durch herausgebrochene Asphaltstücke oder defekte Maschinen. Auch beharrliche Überzeugungsarbeit ist manchmal gefragt. Wie zum Beispiel beim Aufschrei unter Kollegen, als es um das Tragen von Warnwesten auf Verkehrswegen ging. Wer nicht glauben wollte, wie wichtig sie sind, um auf dem teils dunklen Betriebsgelände gesehen zu werden, mit denen warf ich einen Blick auf die Betriebskamera und es wurde allen klar, wie schnell man ohne reflektierende Weste übersehen werden kann.

Was sind nach Ihrer Meinung die wichtigsten Aspekte für sicheres Arbeiten in einem Entsorgungsbetrieb?
Für die Sicherheit am Arbeitsplatz und um Unfälle zu vermeiden, haben Ordnung und Sauberkeit oberste Priorität. Der Betrieb muss klar strukturiert sein. Jeder der Beschäftigten sollte wissen, wie er seinen Tätigkeitsbereich in Ordnung hält. Sauberkeit heißt bei uns in der Praxis: Das manuelle und maschinelle Kehren der stark frequentierten Bereiche. Wir haben einen Bagger und einen Gabelstapler mit Kehraufsatz. Beide sind mehrmals täglich auf dem Gelände im Kehreinsatz. Außerdem wird in vielen Bereichen regelmäßig manuell gekehrt.

Ein sensibler Punkt ist das Arbeiten an der Sortieranlage, wo Abfall manuell getrennt wird. Hier kann es zu Verletzungen und Kontaminationen beim Umgang mit Abfällen scharfen Gegenständen und unbekannten Inhaltstoffen kommen- Daher ist es ein Muss, dass eine Führungskraft den Arbeiten beiwohnt, die Prozesse begleitet, um eventuelle Gefahrenstoffe zu identifizieren und entsprechend zu handeln, damit niemand verletzt wird.

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