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Mit Interview

Muskelschmerzen & Co. vermeiden

ca. 5 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick

  • Was Unternehmen und ihre Beschäftigten gegen Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) tun können.
  • Die Ursachen für Rücken- und Nackenschmerzen, Muskelbeschwerden und Durchblutungsstörungen.
  • Interview mit den BGHW-Experten Ralf Schick und Christina Helfer.
  • Die Angebote der BGHW für Unternehmen und ihre Beschäftigten vor Ort.

Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) machen fast 25 Prozent aller AU-Tage aus. Woran liegt das, und was können Unternehmen und Beschäftigte dagegen tun? Ein Gespräch mit den BGHW-Experten Christina Helfer und Ralf Schick.

Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) machen fast 25 Prozent aller AU-Tage aus und sind die zweithäufigste Ursachen für Frühverrentungen: Was sind die Ursachen für Rücken- und Nackenschmerzen, Muskelbeschwerden und Durchblutungsstörungen?  

Ralf Schick: Natürlich können die Ursachen von Muskel-Skelett-Beschwerden (MSB) sehr vielfältig sein. Zwangshaltungen wie dauerhaftes Stehen oder Sitzen, das Heben und Tragen oder Ziehen und Schieben schwerer Lasten, sich ständig wiederholende gleiche Arbeitsprozesse, aber auch Tätigkeiten, bei denen hohe Ganzkörperkräfte wirken, sind häufig Auslöser dieser Beschwerden.

Schmerzen können dabei ein Hinweis auf eine zu hohe Belastung, eine Funktionsstörung oder eine Schädigung sein. Beschwerden können kurzfristig als Folge hoher Belastung auftreten. Durch Entlastung und Erholung oder durch Anpassung und gezielte Übungen bilden sie sich in der Regel zurück. Wenn Schmerzen dauerhaft auftreten, können sie auf Funktionsstörungen, wie Muskelverspannungen, Sehnenreizungen oder Schäden an Gelenken oder Bandscheiben hinweisen. Schmerzen sollten deshalb immer als Warnsignal ernst genommen werden. Denn man sollte bereits frühzeitig auf Beschwerden reagieren, um dadurch später schlimmere Erkrankungen zu vermeiden.

Christina Helfer: Durchblutungsstörungen können dagegen durch dauerhaftes Stehen ohne wirksame Bewegungsmöglichkeit verursacht werden. Diese Zwangshaltung entsteht an Arbeitsplätzen, wo die Tätigkeit, das Arbeitsmittel oder die Gestaltung des Arbeitsplatzes den Menschen dazu zwingen, Körperhaltungen mit geringen Bewegungsmöglichkeiten über eine längere Zeit hinweg einzunehmen. Steharbeit wird einerseits in Zusammenhang mit Beschwerden und Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und zum anderen mit Erkrankungen des venösen Systems gebracht.

Beschäftigte, die in ihrem Berufsleben überwiegend stehen, leiden dementsprechend häufiger an Beschwerden der gesamten unteren Extremitäten sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule. Zusätzlich besteht bei ihnen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von beispielsweise Krampfaderleiden, chronischen Funktionsschwächen der Venen oder Venenentzündung mit Ausbildung einer Thrombose. Auch subjektiv wird lang andauerndes Stehen von vielen Beschäftigten als belastend empfunden. Als Grund für diese Beschwerden und Erkrankungen wird vor allem die statische Haltung angeführt. Der Bewegungsapparat und besonders die Muskulatur benötigen grundsätzlich ein Mindestmaß an Bewegung, um ausdauernd und langfristig beschwerdefrei funktionieren zu können

 

Ralf Schick von der BGHW

Schmerzen sollten immer als Warnsignal ernst genommen werden. Man sollte deshalb frühzeitig auf Beschwerden reagieren, um dadurch später schlimmere Erkrankungen zu vermeiden.

Ralf Schick, Leiter Sachgebiet Physische Belastungen bei der BGHW

Haben Unternehmen dieses Problem bereits erkannt? Was können sie gegen die Muskel-Skelett-Erkrankungen ihrer Beschäftigten tun?

Ralf Schick: Unternehmen (er)kennen das Problem schon lange. Es ist kein neues Phänomen und in der Handel- und Logistikbranche weit verbreitet. In jedem Fall müssen im Betrieb für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und alle auftretenden Gefährdungsfaktoren, also auch Muskel-Skelett-Belastungen (MSB), ermittelt, beurteilt und präventive Maßnahmen abgeleitet werden, um die Gefährdungen rechtzeitig zu erkennen und diesen entgegenzuwirken.

Christina Helfer: Das Ziel sollte es sein, die Arbeitsplätze menschengerecht zu gestalten, um gesundheitsschädliche Belastungen zu vermeiden oder zu minimieren. Der Erfolg dieser Maßnahmen hängt allerdings stark von der Einstellung und Motivation der beteiligten Personen (Arbeitgeber, Führungskräfte und Beschäftigte) ab. So liegt das Problem häufig eher in der fehlenden Nachhaltigkeit von Präventionsmaßnahmen.

 

Das Ziel sollte es sein, die Arbeitsplätze menschengerecht zu gestalten, um gesundheitsschädliche Belastungen zu vermeiden oder zu minimieren.

Christina Helfer, BGHW-Referentin Physische Belastungen

Und wie können sich Beschäftigte besser vor den Folgen von Muskel-Skelett-Belastungen schützen?

Ralf Schick: Sie sollten auf jeden Fall die Angebote ihrer Firma nutzen, zum Beispiel die arbeitsmedizinische Vorsorge oder die vorhandenen technischen Hilfsmittel. In den korrekten Umgang damit müssen sie im Vorfeld vom Arbeitgebenden unterwiesen werden.

Christina Helfer: Die eigene körperliche Konstitution und Fitness trägt ebenfalls zum Schutz vor Muskel-Skelett-Belastungen bei. Wichtig ist: Sollten Beschwerden oder Schmerzen bei der Arbeit auftreten, sprechen Sie es bei Ihrer Führungskraft oder im Team an, damit darauf reagiert werden kann!

Christina Helfer von der BGHW

Die Aufsichtspersonen der BGHW beraten Unternehmen und Beschäftigte telefonisch und vor Ort zum gesamten Themenkomplex Muskel-Skelett-Belastungen.

Christina Helfer, BGHW-Referentin Physische Belastungen

Wie macht die BGHW auf das Problem von Muskel-Skelett-Belastungen aufmerksam? Welche Angebote macht die BGHW Unternehmen und Beschäftigten vor Ort?

Christina Helfer: Die BGHW ist bei diesem Thema auf verschiedenen Kanälen unterwegs. So beraten unsere Aufsichtspersonen die Unternehmen und Beschäftigte telefonisch und vor Ort zum gesamten Themenkomplex Muskel-Skelett-Belastungen. Tauchen dabei spezielle Fragen aus den Mitgliedsbetrieben auf, werden diese von unserem Referat Physische Belastungen beantwortet. Außerdem hat die BGHW umfangreiches Informationsmaterial zu Physischen Belastungen, Ergonomie und Muskel-Skelett-Belastungen zusammengestellt. Dieses und auch Hilfen zur Gefährdungsbeurteilung finden alle Unternehmen weltweit im Kompendium Arbeitsschutz der BGHW.

Ralf Schick: Außerdem bietet die BGHW Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen ein umfassendes Seminarangebot zu Themen der Ergonomie, Betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung oder Unterweisungen. Nicht zuletzt gestaltet das Referat Physische Belastungen der BGHW federführend durch die Leitung des Sachgebiets Physische Belastungen auf DGUV-Ebene das Thema mit.

Unterstützungshilfen und Instrumente für Betriebe

Aktuell läuft die dritte Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA). Dabei hat sich das Arbeitsprogramm Muskel-Skelett-Belastungen während der Laufzeit von 2020 bis 2024 das Ziel gesetzt, den Anteil der Betriebe mit angemessener Gefährdungsbeurteilung bei Muskel-Skelett-Belastungen zu erhöhen. Dafür sind passende Unterstützungshilfen und Instrumente für die betrieblichen Akteurinnen und Akteure erforderlich.. Besonders für Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) möchte das Arbeitsprogramm Muskel-Skelett-Belastungen einen niedrigschwelligen Zugang für das Erkennen und Beurteilen von körperlichen Belastungen anbieten.Wer mehr dazu wissen will, kann sich hier informieren: https://www.gdabewegt.de/

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