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Exoskelette – Arbeitsschutzentwicklungen

ca. 3 Minuten Lesezeit

Das Wichtigste im Überblick:

  • Tragbare technische Systeme (Exoskelette) und mobile Kleincomputer (z. B. Datenbrillen und smarte Handschuhe) sind die neuen Helfer in der Arbeitswelt.
  • Exoskelette unterstützen bestimmte Körperregionen. Ihr Einsatz: als Hilfe, wenn Beschäftigte immer wieder Lasten heben müssen, oder wenn sie in Zwangshaltung arbeiten.
  • Unterschieden wird zwischen passiven und aktiven Exoskeletten.
  • Datenbrillen werden für die Kommissionierung in der Logistik und Intralogistik verwendet.
  • Die neuen Hilfsmittel entbinden Unternehmen nicht, zuerst die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsabläufe (TOP-Prinzip) zu verbessern.
  • Wer den Einsatz von Exoskeletten und Co. plant, muss die Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz und die Tätigkeit anpassen.
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Tragbare technische Systeme, sogenannte Exoskelette, und mobile ­Kleincomputer wie Datenbrillen und -handschuhe sollen Beschäftigten die Arbeit ­erleichtern und ihre Gesundheit erhalten. Was können diese Helfer? Worauf müssen Arbeitsschützer achten? Und wie entwickelt sich der Markt? Ein Überblick.

Zwei Figuren mit Exoskeletten

Sicherheitsschuhe, Schutzhelm oder Gehörschutz gehören für viele Beschäftigte selbstverständlich zur persönlichen Schutzausrüstung. Einige Mitarbeitende ziehen aber mittlerweile auch Paexo, Cray X oder ErgoJack an. Klingt nicht nur futuristisch, sieht auch futuristisch aus. Gemeint sind Exoskelette, tragbare technische Systeme, die bestimmte Körperregionen unterstützen. Ob sie zur persönlichen Schutzausrüstung gezählt werden können, ist noch nicht eindeutig geklärt. Derzeit werden sie als Arbeitshilfe eingesetzt, wenn Beschäftigte immer wieder Lasten heben müssen. Oder wenn sie häufig in Zwangshaltung arbeiten, zum Beispiel über Kopf. All diese Arbeiten wirken sich langfristig negativ auf das Muskel-Skelett-System aus. Die Folge: Mitarbeitende werden krank, fallen aus, und für das Unternehmen kommt ein wirtschaftlicher Schaden hinzu. Hersteller und Unternehmen versprechen sich von Exoskeletten, dass sie die Gesundheit der Mitarbeitenden erhalten. Ein wichtiger Aspekt, da Arbeitskräfte tendenziell immer älter werden und Fachkräfte rar sind. Aber Arbeitsschützer warnen davor, dass der mögliche Gesundheitsaspekt vom Effizienzgedanken verdrängt werden könnte. 

Logistik und Intralogistik: Kommissionieren mit Datenbrille

Neben den Exoskeletten gibt es auch kleine digitale ­Assistenzsysteme, die Wearables. Bei der Montage, der Instandhaltung und vor allem in der Intra­lo­gis­tik sind Datenbrillen beliebt. Die Kommissioniererin und der Kommissio­nierer bekommen ihre Arbeitsinformationen über ein Display in das Brillensichtfeld eingeblendet. Wer im Warenlager regelmäßig manuell Waren scannen muss, stülpt sich den intelligenten Handschuh über. Mit seiner integrierten Sensortechnologie und dem Barcodescanner erkennt er die Ware und erledigt den Scanvorgang automatisch. Ziel der mobilen Computer ist es, dass Mitarbeitende die Hände frei haben und effizienter arbeiten können.

Bevor ein Exoskelett zum Einsatz kommt, haben technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren am Arbeitsplatz Vorrang.

Ralf SchickBGHW-Experte für Exoskelette und Referent für physische Belastungen
Illustration von Datenbrille und vernetztem Handschuh

Personenbezogene Maßnahmen sind nachrangig – Exoskelette freiwillig tragen

Auch wenn der demografische ­Wandel und der Fachkräftemangel es erforderlich machen, Beschäftigte möglichst lange und gesund im Arbeitsleben zu halten: Exoskelette, Datenbrillen und Co. sind Hilfsmittel, die die Unternehmen nicht davon entbinden, zuerst die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dazu Ralf Schick, der bei der BGHW Referent für Physische Belastungen und Leiter des gleichnamigen Sachgebiets bei der DGUV ist: „Im Arbeitsschutz gilt das Top-Prinzip. Gefahren am Arbeitsplatz müssen erst durch technische Maßnahmen, dann durch organisatorische und zum Schluss durch personenbezogene Maßnahmen vermieden oder vermindert werden.“ Das bedeute: Müsse ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin häufig Waren anheben, sollten vorrangig präventive technische Maßnahmen am Arbeitsplatz wie Krane, Vakuumheber oder Gabelstapler eingesetzt werden, bevor ein Exoskelett zum Einsatz kommt. Wer Exoskelette im Unternehmen verwenden wolle, müsse auf jeden Fall die Gefährdungsbeurteilung für den betreffenden Arbeitsplatz oder die Tätigkeit anpassen. 

Transparenz bei Datenerhebung

Nicht zu unterschätzen ist auch 
der Umgang mit den Daten, die die personenbezogenen Geräte aufzeichnen können. Datenbrillen und -handschuhe können die Arbeit nicht nur leichter und effizienter machen. Sie können auch die Arbeitsgeschwindigkeit messen, Ausführungsfehler erfassen und Be­wegungsdaten dokumentieren. 

Exoskelette mit KI


Ob Exoskelett, Datenbrille oder smarter Arbeitshandschuh – technische Assistenzsysteme scheinen gefragt zu sein: Die Marktforschungsgesellschaft ABI Research prognostiziert für 2022 einen weltweiten Verkauf von rund 50.000 aktiven Exoskeletten, für 2028 bereits über 200.000. Und die nächste Generation der Exoskelette steht in den Startlöchern: intelligente, auf KI-basierte Exoskelette, die mithilfe von Sensoren ständig die Produktivität, Gesundheit und Sicherheit der Nutzerinnen und Nutzer analysieren, selbstverständlich anonymisiert.

Überblick über Technische Assistenzsysteme

A) Wearable technical systems 

sind tragbare technische Systeme = Exoskelette

Sie unterstützen beispielsweise beim Heben von Lasten oder beim Arbeiten über Schulterniveau.

Aktive Exoskelette: Solche Exoskelette sind mit Akkus, Motoren und ggf. WLAN-Anbindung ausgestattet.

Passive Exoskelette: Diese Exoskelette funktionieren ohne externe Energiezufuhr, sondern mechanisch über Federdämpfer, Seilzüge. Passive Exoskelette leiten die Last von Schultern oder Rücken auf Brust, Hüfte, Oberschenkel um.

Nächste Exoskelett-Generation: KI-basierte Exoskelette – ­analysieren in Echtzeit ergonomische und unergonomische Bewegungen und geben Träger ein Vibrationsfeedback; softe Exoskelette – mit Sensoren ausgestattete Textilien

 

B) Wearables 

sind am Körper getragene Computersysteme

Sie unterstützen bei der Arbeit und optimieren Prozesse.

Smart Glasses: Datenbrillen – Unterscheidung nach dem Grad der Virtualität; Virtual-Reality-Brillen: Nutzende tauchen zu 100 Prozent in eine künstliche Umgebung ein. Augmented-Reality-Brillen: Erweitern aus der Umgebung aufgenommene Daten mit zusätzlichen Informationen. 

Smart Gloves oder Smart Hands vernetzte Handschuhe mit Barcodescanner-Funktion 

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Ralf Schick

BGHW-Experte für Exoskelette

Leiter Sachgebiet Physische Belastungen und Fachbereich Handel und Logistik der DGUV

E-Mail:
r.schick(at)bghw.de

Redaktion "Hundert Prozent"

E-Mail:
hundertprozent(at)bghw.de

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