Die BGHW berät Unternehmen beim Thema Lärmschutz: bei bestehenden Immobilien und bei der Planung neuer Gebäude. Wie die Unterstützung aussehen kann, zeigt der Blick hinter die Kulissen einer Werkstatt der ZG Raiffeisen Technik in Walldürn.
Ein sanfter Druck auf den grünen Knopf, ein leises Surren erklingt, und das große Rolltor fährt langsam nach oben. Der Blick in die moderne Halle ist frei. Es riecht nach Benzin und Schmierstoffen. Marco Link, stellvertretender Werkstattleiter bei der ZG Raiffeisen in Walldürn, betritt seinen Arbeitsplatz – die Werkstatthalle.
Bei einem Schlepper wird er gleich die Räder wechseln. Zuvor kontrolliert der 42-Jährige noch mal sein Werkzeug. Der Schlagschrauber liegt griffbereit parat. Genau wie die persönliche Schutzausrüstung.
Lärmbelastung
So laut ist ein Schlagschrauber – das entspricht einem vorbeifahrenden Güterzug. Ab 85 dB ist länger andauernder Lärm gesundheitsschädigend.
Persönliche Schutzausrüstung
Dazu gehören unter anderem Handschuhe, Schutzbrille und Gehörschutz. Link fährt das Fahrzeug in die Halle und setzt den Schlagschrauber an. Natürlich nicht ohne seine „Micky-Mäuse“ – den Kapselgehörschutz. Der ist bei dieser Arbeit Pflicht. Ohne Schutz drohen nachhaltige Schädigungen des Gehörs. Ein Schlagschrauber ist laut: mehr als 90 Dezibel (dB) – etwa so viel wie ein vorbeifahrender Güterzug. In einiger Entfernung von der Lärmquelle lässt es sich in anderen Bereichen der Werkstatt heute gut arbeiten. Das war früher anders: Der Krach durch den Schlagschrauber und ähnlich laute Maschinen war für die Arbeitnehmer kaum auszuhalten. Wie konnte das sein?
Neue Halle, schlechte Akustik
Die ZG Raiffeisen Technik hatte den neuen Komplex mit Verkaufsraum, Verwaltung und Werkstatt in einem Industriegebiet am Stadtrand im Frühjahr 2017 bezogen. Die Ausstattung: modern mit hohen Decken, vielen Fenstern und hellen Räumen. Bei der Planung haben die Architekten jedoch die Akustik nur unzureichend berücksichtigt.
Anfragen bei der BGHW zeigen, dass das ein weit verbreitetes Phänomen bei gewerblichen Bauvorhaben ist. Die ohnehin schon lauten Werkzeuge wie Schlagschrauber, Winkelschleifer, Druckluftpistole und andere Maschinen verursachten in der Werkstatthalle einen immensen Lärm. Das stresste insbesondere Arbeitnehmer, die an anderer Stelle in der Halle konzentriert stillen Tätigkeiten nachgingen, etwa dem Auslesen von Fahrzeugdaten mit dem Notebook.
„Wenn jemand unvermittelt den Schlagschrauber ansetzte, erschrak man jedes Mal und wurde aus seiner Arbeit gerissen“, erinnert sich Link. „Die Arbeitsbedingungen waren bei dieser Akustik absolut grenzwertig und für alle Beteiligten eine große Belastung.“
Spezialist der BGHW hilft
Link und seine Kollegen suchten das Gespräch mit Niederlassungsleiter Uwe Böhm. „Mir war schnell klar, dass wir dieses Problem mit dem Lärmschutz lösen müssen. Deswegen habe ich mich an unsere Zentrale in Karlsruhe gewandt“, erinnert sich Böhm.
Kurz darauf hat die ZG Raiffeisen Markus Radtke aus dem Referat Physikalische Einwirkungen von der BGHW kontaktiert und um Rat gebeten. Radtkes Spezialgebiet: Akustik in Gebäuden. Der Maschinenbau-Ingenieur erkannte schnell, dass hier von den Anbietern bei der Planung einiges versäumt wurde. „Das passiert im Rahmen von Ausschreibungsverfahren gerne mal aus Kostengründen und kommt in allen Branchen sehr häufig vor“, schildert der Experte.
Geeigneter Lärmschutz in Hallen
Zunächst machte Radtke eine akustische Bestandsaufnahme. Seine Ergebnisse belegten ein spezielles Phänomen bei der Raumakustik: die lange Nachhallzeit. Die glatten Oberflächen der Decke und Wände reflektierten den Schall. Den Schall nahm die Belegschaft zum einen als extrem unangenehmen Lärm wahr, zum anderen lag die akustische Gestaltung der Werkstatt außerhalb des Normbereichs – ein zentraler Bestandteil sind hierbei lärmabsorbierende Flächen. Radtke: „In diesen Situationen besteht dringender Handlungsbedarf. Es galt, geeignete Lärmschutzmaßnahmen zu entwickeln. Wir von der BGHW halfen da natürlich gerne mit unserem Know-how.“
Einbau von Schallabsorbern
Für die Verantwortlichen bei der ZG Raiffeisen war er in dieser Phase ein wichtiger Ansprechpartner. Die Lösung, die gefunden wurde, stimmte alle zufrieden: lärmabsorbierende Schaumstoffplatten. Eine Spezialfirma war nach wenigen Wochen vor Ort und die Montage der rund 250 Platten mit kurzen Drähten an der Werkstattdecke nach zwei Tagen abgeschlossen. Mit mess- und hörbarem Erfolg in der gesamten Halle.
Optimale Bedingungen für Arbeitnehmer
Lärm hat immer auch eine subjektive Komponente: Jeder Mensch nimmt Geräusche und deren Intensität anders wahr und fühlt sich davon mehr oder weniger beeinträchtigt.
Aber gerade deshalb war für Ralf Holl eine professionelle Lösung für die neue Werkstatthalle sehr wichtig. Er verantwortet als Regionalleiter den wirtschaftlichen Erfolg des Standorts. „Unsere Mitarbeiter müssen optimale Arbeitsbedingungen vorfinden. Dafür setzen wir als Arbeitgeber sehr viel in Bewegung. Und Arbeitsschutz spielt in unserem Unternehmen eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund arbeiten wir sehr eng und partnerschaftlich mit der Berufsgenossenschaft zusammen.“
Für Marco Link und seine neun Kollegen im technischen Bereich hat sich die Arbeitsatmosphäre durch die neuen Schallabsorber in der Werkstatt auf jeden Fall deutlich verbessert. Ein entspanntes Arbeiten ist jetzt überall in den Räumen möglich.
ZG Raiffeisen Technik, Walldürn
Im Betrieb sind 17 Mitarbeiter beschäftigt, zehn arbeiten in der Werkstatt, die anderen im Verkauf und in der Verwaltung.