Serie: Arbeitsschutz beginnt im Kopf* – Glaubenssätze
Das Wichtigste im Überblick
1. Mit Glaubenssätzen bringt man seine innere Überzeugung zum Ausdruck.
2. Glaubenssätze lassen sich auf fast alle Bereiche übertragen – auch auf den Arbeitsschutz. Es gibt positive und negative.
3. Sie helfen bei der Motivation und geben ein gemeinsames Ziel vor, an dem sich alle orientieren können.
*Die Serie Arbeitsschutz beginnt im Kopf bietet einen Überblick zu Themen wie Kommunikation, Verhalten und Gewohnheiten und viele praktische Tipps für alle, die etwas bewegen wollen.
Welche Bedeutung und Auswirkungen haben Glaubenssätze beim Thema Arbeitsschutz? Und was sind das überhaupt – Glaubensätze? In diesem Teil der Serie „Arbeitsschutz beginnt im Kopf“ erklärt Sicherheitsingenieur Stefan Ganzke was sie bedeuten und welche Erfahrungen er damit gemacht hat.
Glaube kann Berge versetzen. So sagt man. Wahrscheinlich kennt jeder von uns dieses Sprichwort oder hat es selber schon benutzt. Verwenden lässt es sich in vielen Situationen. Zum Beispiel immer dann, wenn man sich ein ehrgeiziges Ziel setzt. Entscheidend ist das Wort Glaube.
Es bringt eine innere Haltung, eine feste Überzeugung zum Ausdruck. Glaube ich fest daran, etwas zu schaffen, unterstützt mich das bei der konkreten Umsetzung. Eine Aussage wie „heute schaffe ich es zum ersten Mal, zehn Kilometer am Stück zu laufen“, ist sicher besser als „mal sehen, ob es heute vielleicht klappt“.
Perspektiven auf das Thema Arbeitsschutz
5 positive Glaubenssätze
- Ich erwarte null Arbeitsunfälle.
- Bei uns gilt: Safety First.
- Schütze dich und andere
- Sei immer ein Vorbild.
- Wir gehen lieber auf Nummer sicher.
5 negative Glaubenssätze
- Arbeitsunfälle passieren halt.
- Was soll ich denn noch alles machen.
- Das haben wir doch schon immer so gemacht.
- Es ist noch immer gut gegangen.
- Ach, das ist doch nur halb so wild.
Glaubenssätze motivieren
Diese innere Haltung ist keine Garantie, das angestrebte Ziel wirklich zu erreichen. „Aber dieser positive Glaube hilft auf jeden Fall und man kann für sich daraus Motivation und Überzeugung ziehen“, sagt Stefan Ganzke. Glaubenssätze lassen sich auch auf den Arbeitsschutz übertragen. Das gilt sowohl für kleine als auch für große Betriebe.
Ein Beispiel: Ich erwarte für meine Firma null Arbeitsunfälle. „Wenn ich als Chef eine solche Aussage formuliere, gebe ich für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Richtung bei der Arbeit vor und unterstreiche, wie ernst ich Sicherheit nehme“, erklärt der Sicherheitskultur-Experte.
Eindeutige Zielsetzung fürs Handeln
Wichtig ist dabei, dass man beim Arbeitsschutz die Vorteile sieht – für jeden einzelnen und den gesamten Betrieb. Als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber sollte man sich mit Aspekten wie gutes und sicheres Arbeiten regelmäßig beschäftigen und Beispiele konkret ansprechen: Was ist gut gelaufen und was hat nicht so gut geklappt. Solche Themen sollten feste Bestandteile der Kommunikation sein, rät der Experte. Denn: Glaubenssätze und Arbeitsschutz sind eher ein Marathon- als ein Zehn-Kilometerlauf.
Innere Überzeugungen – oder auch Glaubenssätze – sind abhängig von verschiedenen Faktoren wie soziales, familiäres und kulturelles Umfeld sowie persönlichen Erfahrungen.
Wie Glaubenssätze entstehen
Glaubenssätze werden unter anderem in Situationen wie dieser gebildet: Wenn ich als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer in einem Recyclingbetrieb vor der Aufgabe stehe, ausrangierte Metallteile zu sortieren, sollte ich vorher meine persönliche Schutzausrüstung (PSA) anlegen. Stelle ich dabei fest, dass mir die Handschuhe fehlen, sollte ich mir neue holen. Das Lager ist aber ziemlich weit weg und so gefährlich ist die Aufgabe auch wieder nicht. Dann wähle ich doch lieber die bequemere und schnellere Variante und erledige das ohne Handschuhe.
Genau das geschieht immer wieder und in den meisten Fällen passiert auch nichts. Auf diese Weise mache ich die Erfahrung: Mein Chef freut sich, wenn ich die Aufgaben zügig erledige und ich wähle den vermeintlich einfacheren Weg. So entstehen negative Glaubenssätze wie: „Es ist noch immer gut gegangen“, „Das haben wir doch schon immer so gemacht“ und „Ach – das geht doch ganz schnell“. Weitere Beispiele aus diesem Bereich sind Obst- oder Getränkekisten, die oft als Steighilfen genutzt werden.
Wie sich Glaubenssätze verändern lassen
„Wenn ich als Chef das sehe, ist es meine Aufgabe, dieses Verhalten sofort anzusprechen. Ich weise meinen Angestellten darauf hin, dass Getränkekisten keine geeigneten Arbeitsmittel und für solche Aufgaben die passenden Leitern zu verwenden sind“, so Stefan Ganzke. Mehr zum Thema motivierendes Verhalten lesen Sie im Artikel Kleine Gesten – große Wirkung – dem ersten Teil der Serie „Arbeitsschutz beginnt im Kopf“.
Das Verhalten des Vorgesetzten ist in diesem Fall entscheidend. Machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Erfahrung, dass es der Vorgesetzte mit dem Arbeitsschutz ernst meint, Missstände und Fehler offen anspricht, wirkt sich das prägend auf ihr Handeln aus – und positiv für den Arbeitsschutz.
Wie beim Training für einen Marathon ist Kontinuität wichtig. Stefan Ganzke: „Nur wenn ich meine Erwartungen und inneren Überzeugungen regelmäßig mitteile und mit meinen Angestellten über sicheres Arbeitsverhalten spreche, arbeiten alle gemeinsam mit am ausgegebenen Glaubenssatz – Meine Erwartung: null Arbeitsunfälle.“
Unsere Experten
Anna und Stefan Ganzke beraten als Coaches Unternehmen rund um das Thema Arbeitsschutz. Die beiden Sicherheitsingenieure haben sich auf die Bereiche „Safety Mindset“, was sich ins Deutsche frei mit Sicherheitsbewusstsein übersetzen lässt, Sicherheitskultur und Kommunikation spezialisiert.
Arbeitsschutz in kleinen Betrieben – Tipps von Stefan Ganzke zum Thema Glaubenssätze
Klare Botschaft
Als Chefin oder als Chef sollte ich regelmäßig darüber sprechen, dass Arbeitssicherheit in meiner Firma eine wichtige Rolle spielt. Hilfreich sind eindeutige Glaubenssätze wie: „Bei uns zählt Sicherheit.“
Verständliche Einordnung
Gut für das Verständnis ist eine eindeutige Einordnung. Wenn ich erkläre, warum das Thema für mich und den Betrieb so wichtig ist, erhöht das zum einen die Akzeptanz, und zum anderen auch die Motivation, das gemeinsame Ziel zu verfolgen.
Positives Vorbild
Vorbildliches Verhalten führt zu einer professionellen Einstellung zum Thema Arbeitsschutz und den ausgegebenen Glaubenssätzen. Ich halte mich an die Vorgaben und erwarte, dass es meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso machen.